Zechen im Ruhrgebiet- Buchvorstellung
Von Essen bis nach Hamm in Westfalen dehnt sich das Ruhrgebiet aus. Heutzutage leben dort ca. 5,1 Millionen Menschen auf rund 4.440 Quadratkilometern.
Im Ruhrgebietsdialekt hieß es nur: „Datt iss der Kohlenpott“. Die Leute sagten dies mit Stolz und Ehrfurcht. Sprüche wie „Sehr gut gelaunt war der liebe Gott, als er erschuf die Menschen aus dem Kohlenpott“ oder „Eins, zwei, drei, vier-wir kommen aus dem Kohlenrevier“ prägten den Alltag in Herne, Dortmund, Bochum, Gelsenkirchen, Recklinghausen, Bottrop und den vielen anderen Orten im Kohlenrevier.
Noch bis Mitte 1980 gab der Steinkohlenbergbau vielen Millionen Menschen Arbeit. Nicht nur die Bergarbeiter lebten von der Kohle, dass der Volksmund „Schwarzes Gold“ nannte. Binnenschiffer, Lastwagenfahrer und so manche kleine Zechen- und Hafenbahn lebten von den Transporterlösen der Steinkohle. Kohlenhändler bestritten ihren Lebensunterhalt durch den Verkauf von Kohle und Koks. Ofenbauer und Schornsteinfeger sorgten dafür, dass die Steinkohle gefahrlos im Herd lodern konnte. Als dann Gas- und Ölheizungen sowie elektrische Wärmespeicher ihren Siegeszug antraten, sank der Absatz der Steinkohle dramatisch. Der Kohleofen mit dem täglichen Holz anzünden und dem Entnehmen der Kohlenasche im Laufe des Tages sowie dem Transport der Kohle vom Keller in die heimische Stube erschien vielen Zeitgenossen als zu mühselig und zu schmutzig. Das Drehen an dem Regler der Gasheizung war bequemer, auch wenn es etwas Teurer war als das Heizen mit dem Ofen.
Das Ruhrgebiet gibt es ja immer noch. Nur ist der einstige Charakter, der das Bild von Zechen und Hochöfen als fester Bestandteil des Ruhrgebietes geprägt hatte, längst Geschichte. Baumlange Kerle in traditionellen Bergmannsuniformen hatten 2018 Tränen in den Augen, als sie wehmütig sangen: „Glückauf, Glückauf, der Steiger kommt, und er hat sein helles Licht bei der Nacht…“. Die letzte Zeche in Deutschland, das Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop, hatte den Untertagebergbau eingestellt. Der Bergbau prägte rund 160 Jahre die Landschaft. Es kamen Arbeitskräfte aus Ostpreußen, Polen, Böhmen und anderen Gebieten an den Rhein und die Ruhr. Die einheimischen Arbeitskräfte vor Ort reichten nicht mehr aus, um die vielen offenen Stellen im Bergbau zu besetzen.
Ein anerkannter Fachmann erinnert in seinem Buch „Zechen im Ruhrgebiet-30 Highlights aus der Geschichte“ an die Zeiten des schwarzen Goldes. Es ist der Journalist und Buchautor Friedhelm Wessel. Er kam 1944 zur Welt und arbeitete über 30 Jahre als Journalist und Fotograf für die „Ruhrnachrichten“ und machte sich als Autor lokalgeschichtlicher Publikationen einen Namen. Er ist in einer Zechenkolonie aufgewachsen und weiß, worüber er schreibt. So macht uns der Autor beispielsweise in diesem reich bebilderten Band mit 30 Highlights der Bergbaugeschichte im Ruhrgebiet nicht nur bekannt; er setzt den Kumpeln unter und über Tage sowie den zahlreichen Zechen im Revier ein Denkmal. Was einst Kinder im Ruhrgebiet wussten, weil sie es von zu Hause kannten, nämlich Begriffe wie Grubenlampe, Kauenwärter, Schlagwetter, Pütt, Flöz, Streb, Lohnhauer, Wettersteiger, Eierkohle, Knappe, Lehrhauer beispielsweise, hält Friedhelm Wessel liebevoll sentimental auf 121 Seiten in Erinnerung. Dazu gehören Erzählungen von der Markennummer, der Kunst auf der 9. Sohle, dem Besuch des Sängers Freddy Quinn auf der Zeche Waltrop und von der Karriere des späteren Bundesarbeitsministers Walter Arendt (1925 bis 2005). Der SPD-Politiker war einst Bergmann auf der Schachtanlage Sachsen in der Nähe von Hamm. Er war Sohn eines Bergmannes und bekleidete auch das Amt des Vorsitzenden der Bergarbeitergewerkschaft. Seit Jahren gibt es keine separate Gewerkschaft für Bergleute mehr in Deutschland. Längst haben sich die Minenarbeiter mit ihren Kollegen aus den Bereichen der Chemie und der Energie zu einer Gewerkschaft zusammengeschlossen.
Wer das im August 2021 im Sutton Verlag zu Erfurt erschiene Werk von Friedhelm Wessel „Zechen im Ruhrgebiet-30 Highlights aus der Geschichte“ liest und sich die Fotos betrachtet, bekommt nicht nur Wehmut. Wer aus dieser Region stammt und die Zeit des schwarzen Goldes erlebt hatte, wird feuchte Augen bekommen. Man wird an die gute, alte Zeit erinnert, wo Kinder und Ehefrauen mit Stolz sagten: „Mein Papa (mein Mann) ist Püttmann von Beruf“. Es waren Bergleute, die das in Trümmern liegende Nachkriegsdeutschland nach dem schrecklichen Zweiten Weltkrieg mit ihrem Schweiß und manchmal auch mit ihrem Leben wiederaufgebaut hatten. Auf schreckliche Bergunglücke wie das Grubenunglück von 1965 in Herne-Sodingen auf der Schachtanlage Mont-Cenis, bei dem 9 Bergleute verstarben, geht der Autor auch ein. Das im Sutton Verlag zu Erfurt erschiene Werk „Zechen im Ruhrgebiet-30 Highlights aus der Geschichte“ von Friedhelm Wessel kostet im deutschen Buchhandel 19,99 Euro. Die ISBN lautet 978-3-96303-307-0.
(Text: Volker Neef/Fotos: Sutton Verlag; Adam Neef; Volker Neef)