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Yo vi tres luces negras -Berlinale 2024

Jesús María Mina (Foto: © Christian Velasquez/Contravia Films)

Yo vi tres luces negras –Berlinale 2024

Aus den Ländern Kolumbien, Mexiko, Frankreich und Deutschland stammt der 90-minütige Spielfilm „Yo vi tres luces negras“.

Der englischsprachige Titel lautet „I Saw Three Black Lights“. Das Drama hat man am 18. Februar im Rahmen der 74. Berlinale in der Sektion „Panorama“ uraufgeführt. Regie führt Santiago Lozano Alvarez. Es ist dies sein zweiter Spielfilm. Sein erster Spielfilm, 2015 gedreht, trägt den Titel Siembra. 

In seinem zweiten Spielfilm hat der aus Kolumbien stammende Darsteller Jesús María Mina die Hauptrolle inne. Er ist der 70 Jahre alte, sehr gebildete sowie hochangesehene „José de Los Santos“. John Alex Castillo spielt den „Comandante“, Carol Hurtado stellt „Teresa“ dar. Oscar Zuniga ist Jose ´s Sohn. 

Jose ist im Dschungel von Kolumbien in einer Region zuständig für Begräbniszeremonien und -rituale. Als Naturheiler ist er auch tätig. Mit der Kraft von Pflanzen, aus denen er Tees und Salben eigenhändig herstellt, heilt er die Dorfbewohner. Seine Vorfahren haben all das Wissen an die nächste Generation weitergegeben. Sie kamen einst aus Afrika und wurden als Sklaven nach Südamerika gebracht. Jose ´s Sohn, der Pium Pium, ist in den Wirren von Bürgerkrieg und Kämpfen im Drogenmilieu als Unbeteiligter ums Leben gekommen. Genaues weiß der Vater nicht, die Leiche hat er nie zu Gesicht bekommen. Einige Dorfbewohner hatten ihm einst mitgeteilt, sie haben die Leiche von Pium Pium im Fluss treiben gesehen.

Oscar Zuniga (Foto: © Natalia Burbano/Contravia Films)

Eines Nachts sieht der Dorfälteste seinen Sohn vor sich stehen. Es ist nicht der Körper, sondern die Seele von Pium Pium, die den Kontakt mit dem Vater aufnimmt. Der Sohn verkündet dem geliebten Vater, dass der alte Herr sich auf das Sterben vorbereiten solle. Es sei aber nicht angeraten, im Haus zu sterben, sondern im Dschungel des Regenwaldes soll das geschehen. Der Sohn teilt dem Vater mit, werde er im Haus oder in der Nähe des Hauses versterben, komme der alte Herr ins Fegefeuer. Aus Liebe zum Vater warnt der Sohn ihn. Diese Weisheit mit dem Fegefeuer kannte der Dorfälteste bisher noch nicht. Also geht Jose in den Dschungel hinein. Tief kommt er nicht in den Regenwald hinein. Paramilitärische Einheiten haben Kontrollpunkte errichtet mitten im Dschungel. Nicht mal in Ruhe sterben kann man, schimpft der Dorfälteste. Ein Trupp Soldaten entdeckt den Kauz und nimmt ihn fest. Schließlich betrachten sie sich als Herrscher des Dschungels und den alten Mann sehen sie als Eindringling an. Vielleicht ist er sogar ein Spion? Man bringt den Gefangenen zum Comandante. Die einfachen Soldaten sind erstaunt, dass ihr oberster Befehlshaber sofort eigenhändig die Fesseln des Gefangenen löst. Dazu kommt noch, der Comandante bietet Jose köstlichen Wein mitten im Dschungel an. Der Ruhm des Dorfältesten und seine Heilkunst sind dem Befehlshaber bekannt. Auf Bitten des Comandante versorgt Jose verletzte Kämpfer medizinisch, die schon bald nach Behandlungsbeginn Zeichen der Besserung zeigen. Der Befehlshaber spielt Schach mit Jose und betrachtet ihn als Gast, nicht als Gefangenen. Der alte Herr möchte aber seinen Weg demnächst fortsetzen. Er will das sagenhafte schwarze Licht im Dschungel erreichen. Dort soll seine letzte Ruhestätte sein. Jose ist mit Wesen, die sich zwischen Leben und Tod befinden, jetzt sehr eng verbunden. Das zeigt ihm, der Zeitpunkt zum Sterben naht. Was sind das aber bloß für Zeiten in seinem Heimatland? Durch den Regenwald darf man nicht so wandern, wie man es möchte. Drogenkartelle, die Staatsarmee und paramilitärische Einheiten bekämpfen sich nach dem Motto: Jeder gegen jeden! Jose muss aber unbedingt das sagenhafte schwarze Licht im Dschungel erreichen, andernfalls droht ihm ja das Fegefeuer.

Santiago Lozano Alvarez prangert nicht nur die politische Situation in seinem Heimatland an. Er zeigt auch, dass die Vorfahren von Jose, die einst gegen ihren Willen von Afrika aus nach Amerika verschleppt worden waren, ihre Kultur nicht ausleben können. Moderne Zeitgenossen in Südamerika, die keine afrikanischen Wurzeln aufweisen können, betrachten die afrikanischen Rituale mit dem Geisterkult als „Spinnerei“. 

Jose tut niemandem weh, trotzdem muss er beim Comandante betteln, seinen Weg fortsetzen zu dürfen. Lässt man Jose frei, kommt eventuell der nächste Kontrollpunkt mitten im Dschungel schon bald auf ihn zu. Jose sagt zu sich selbst wieder einmal: „Nicht mal Sterben, wo man will, kann man in diesem Land“. Der Regisseur lässt den Zuschauer einfühlsam an der letzten Wanderung des Dorfältesten teilnehmen. Eines ist ja gewiss: Er wird bald sterben! Nur das WO muss noch geklärt werden in diesem Land.

Text: Volker Neef

Fotos: © Christian Velasquez/Contravia Films; © Natalia Burbano/Contravia Films

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin