Viele offene Fragen in Sachen Cannabis-Legalisierung
GdP blickt mit Sorge auf den 1. April und fordert verbindliche Regelungen
Ab Ostermontag darf in Deutschland ganz legal gekifft werden. Die entsprechende gesetzliche Grundlage hat der Bundestag auf Vorlage des Bundesgesundheitsministeriums bereits vor Wochen beschlossen, der Bundesrat das Ganze trotz gravierender Bedenken durchgewunken. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) blickt mit großer Sorge auf den 1. April und nimmt den Gesetzgeber in die Pflicht, klare Regeln zu schaffen, auch für kiffende Beamte.
„Wir betrachten den 1. April mit großer Sorge, weil der Bund hier ein Gesetz beschlossen hat, das massive Auswirkungen auf die Sicherheitslage in den Ländern hat und diese aufgrund fehlender Regelungen völlig im Regen stehen gelassen werden. Keiner weiß, wer die Social Clubs überprüfen soll, wie die Abstandsregeln zu Kitas, Schulen, Jugendclubs und anderen Einrichtungen durchgesetzt werden, wie es in Sachen Amnestie oder zukünftige Verfahren aussieht. Was machen wir, wenn beispielsweise 40 g Cannabis gesichert werden und es im Beweisverfahren vor Gericht durch spätere Durchtrocknung nur noch 20 g sind? Niemand weiß, wie es in Sachen Verkehrssicherheit ablaufen wird. Die Bundesregierung hat es bisher versäumt, wissenschaftlich evidente Grenzwerte für THC zu bestimmen, die dem heutigen Wirkstoffgehalt in Cannabis gerecht werden. Zwar hat eine Expertenkommission heute den Wert von 3,5 Nanogramm THC je Milliliter Blutserum genannt, eine entsprechende Gesetzesänderung müsste aber erst noch erfolgen. Es gibt da schon ein paar Fragezeichen und Graubereiche.
Es ist z. B. völlig unklar, wie Kollegen reagieren sollen, wenn sie jemanden mit Joint am Steuer erwischen“, so GdP-Landeschef Stephan Weh am 28.März. Die Gewerkschaft hatte in den letzten Monaten immer wieder auf diverse offene Probleme hingewiesen, die nach wie vor nicht gelöst wurden. Weh begrüßte außerordentlich, dass es in der Polizei Berlin mittlerweile eine Arbeitsgruppe zum Thema gibt, die sich mit den Folgen der Cannabis-Legalisierung auseinandersetzt und einzelne Komplexe klärt.
Für die GdP von großer Bedeutung ist beispielsweise auch der beamtenrechtliche Umgang mit Cannabis-Konsum. „Unsere Kolleginnen und Kollegen üben eine großartige Berufung mit verantwortungsvollen Befugnissen wie zum Beispiel einem Schusswaffengebrauch aus. Die Legalisierung wirft Fragen auf, für die wir eine Rechtslage brauchen, die klar und nachvollziehbar ist. Wir dürfen nicht vergessen, dass Polizeibeamte jederzeit in eine Situation kommen können, in der sie sich in den Dienst versetzen dürfen oder gar müssen. Per Gesetz kann es ab 1. April genau genommen keine dienstrechtlichen Folgen mehr haben, wenn ein Beamter in seiner Freizeit einen Joint raucht. Wie gehen wir aber damit um, wenn er mit THC im Blut ohne Ausfallerscheinungen im Dienst in einen Unfall verwickelt ist? Wir erwarten, dass die Behördenleitung von jeglichen Disziplinarmaßnahmen absieht, ehe es hier klare Richtlinien gibt. Wir dürfen nicht vergessen, dass schon der kleinste Zweifel an der Tauglichkeit bzw. Fehlverhalten zur Beendigung eines Beamtenverhältnisses auf Probe führen kann. Wir alle haben das gesellschaftliche Idealbild eines Polizeibeamten vor Augen und dafür stehen wir als Gewerkschaft auch. Nur sollte sich unsere Gesellschaft auch klar darüber sein, dass wir auch ein ganz normales Privatleben mit allen Rechten und Pflichten haben. Für uns steht erst einmal fest: Wenn jeder in unserem Land legal kiffen darf, muss das auch für Polizisten möglich sein, natürlich nur außerhalb des Dienstes.“
Das teilte unserer Redaktion Benjamin Jendro, Pressesprecher
GdP Landesbezirk Berlin, mit. (Foto: Frank Pfuhl)