Erst Feindschaft, dann Freundschaft
14. September 2024
Die Blueberrys
14. September 2024
alle anzeigen

Usbekistan und Deutschland: Eine gegenseitig vorteilhafte Partnerschaft für Wohlstand und Fortschritt

S.E. Shavkat Mirziyoyev, Präsident von Usbekistan (Foto: Volker Neef)

S.E. Shavkat Mirziyoyev, Präsident von Usbekistan (Foto: Volker Neef)

Auf Einladung des Präsidenten der Republik Usbekistan, Shavkat Mirziyoyev, wird Bundeskanzler Olaf Scholz am 15. und 16. September zu einem offiziellen Besuch in Usbekistan eintreffen.

Seit der Unabhängigkeit Usbekistans und der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Ländern ist Deutschland einer der verlässlichsten und strategisch wichtigsten Partner von Usbekistan auf der internationalen Arena. Die Aktivierung des hochrangigen Dialogs begann im Januar 2019, als Präsident Shavkat Mirziyoyev seinen ersten offiziellen Besuch in Deutschland machte. Im Mai desselben Jahres folgte der Gegenbesuch des deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier in Usbekistan. Diese Besuche gaben der Entwicklung der bilateralen Partnerschaft einen starken Impuls. Die bei diesen hochrangigen Treffen erzielten Vereinbarungen sowie die Zusammenarbeit im Rahmen globaler und regionaler Strukturen wurden im März 2021 während eines Online-Gipfels zwischen dem Präsidenten Shavkat Mirziyoyev und der Bundeskanzlerin Angela Merkel besprochen. Im Mai und September 2023 besuchte das Staatsoberhaupt von Usbekistan zweimal Deutschland zu offiziellen Besuchen. Dabei fanden Gespräche mit dem Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz sowie den Leitern führender deutscher Unternehmen statt. Zudem nahm er am ersten Gipfel im Format „Zentralasien – Deutschland“ teil. Die Intensität der hochrangigen Kontakte und das dynamische Vorantreiben der erzielten Vereinbarungen haben zu einer kontinuierlichen und substanziellen Erweiterung der bilateralen Agenda geführt, die allmählich einen strategischen Charakter annimmt.

Bundeskanzler Olaf Scholz (Foto: Frank Pfuhl)

Heute zählt Deutschland zu den wichtigsten Partnern Usbekistans bei der Entwicklung einer vielseitigen und langfristigen Zusammenarbeit mit der Europäischen Union. Insbesondere hat Deutschland eine führende Rolle bei der Entwicklung und Verabschiedung der EU-Strategien für Zentralasien gespielt, die 2007 und 2019 angekündigt wurden. Darüber hinaus kooperieren Usbekistan und Deutschland erfolgreich in multilateralen Formaten – im Rahmen der UNO, der OSZE und anderer Organisationen – zu globalen und regionalen Themen. Die Positionen von Taschkent und Berlin stimmen in vielen Fragen überein oder sind ähnlich, insbesondere im Kampf gegen Terrorismus, organisierte Kriminalität und illegalen Drogenhandel. Die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen beider Länder erfolgt in verschiedenen Formaten. Eine wichtige Rolle bei der Entwicklung der bilateralen Kooperationsagenda und der Bereicherung durch neue Initiativen spielen die interparlamentarischen Beziehungen. Die Parlamentarier beider Länder tauschen regelmäßig Besuche aus. Im Januar 2019 wurde in Berlin ein Memorandum of Understanding zwischen der interparlamentarischen Gruppe des Oliy Majlis zur Zusammenarbeit mit dem Bundestag und der parlamentarischen Gruppe „Deutschland – Zentralasien“ unterzeichnet. Auch die Zusammenarbeit zwischen den Außenministerien beider Länder hat einen konstruktiven Charakter angenommen: Es finden regelmäßig politische Konsultationen zu aktuellen bilateralen und multilateralen Themen statt. Im Oktober und November 2022 besuchte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock Usbekistan, wo sie von Präsident Shavkat Mirziyoyev empfangen wurde, Treffen in den Ministerien und Behörden der Republik abhielt und die Stadt Samarkand besuchte.

Samarkand (Foto: Volker Neef)

Deutschland gehört zu den zehn größten Investitions- und Handelspartnern Usbekistans. Führende Unternehmen wie MAN, Claas, Knauf, GP Papenburg AG, Deutsche Kabel, Siemens Energy, Linde, Henkel und andere sind erfolgreich auf dem usbekischen Markt tätig. Die deutschen Investitionen in die Entwicklung der Schlüsselindustrien der usbekischen Wirtschaft – Energie, Bergbau, Chemie, Baumaterialien, Pharmazie, Landwirtschaft, Transport und andere Sektoren – nehmen stetig zu. Insgesamt sind derzeit in Usbekistan 221 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung gegründet, und 31 deutsche Firmenvertretungen sind akkreditiert. Ein wichtiger Mechanismus für die Zusammenarbeit im Handels- und Wirtschaftsbereich ist die Zwischenstaatliche Arbeitsgruppe für Handel und Investitionen, deren regelmäßige Treffen zur Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit beitragen. Der 2015 gegründete Deutsch-Usbekische Wirtschaftsrats (DUWR) hat sich zu einer zentralen Plattform für den direkten und offenen Dialog zwischen der deutschen Wirtschaft und der usbekischen Regierung entwickelt. Der Rat vereint die größten Unternehmen beider Länder und ist einzigartig, da er die einzige G2B-Plattform (Government-to-Business) in Usbekistan darstellt. Die Ernennung von Angela Papenburg, Vorstandsmitglied der „Günter Papenburg AG“ und Geschäftsführerin der „Bau und Verwaltungsgesellschaft mbH“, zur Honorarkonsulin Usbekistans in den Bundesländern Sachsen-Anhalt und Niedersachsen trägt ebenfalls zur Erweiterung der gegenseitig vorteilhaften Zusammenarbeit zwischen den Unternehmen beider Länder bei und fördert die Umsetzung zahlreicher gemeinsamer Projekte im Bereich Hochtechnologie und Innovationen in der Zukunft. Im bilateralen Handel zwischen Usbekistan und Deutschland gilt der Meistbegünstigungsstatus. In den letzten Jahren übersteigt das Handelsvolumen stabil 1 Milliarde US-Dollar. Das Exportportfolio nach Deutschland wird stetig erweitert, wobei heute Dienstleistungen, Textilprodukte, Lebensmittel und aus Deutschland Maschinenbauausrüstungen, Fahrzeuge und Ersatzteile, pharmazeutische und chemische Produkte sowie Dienstleistungen. Deutschland leistet bedeutende Unterstützung bei der Umsetzung von Projekten im Bereich der sozioökonomischen, innovativen und technologischen Entwicklung unseres Landes, bei der Durchführung von Reformen im öffentlichen Sektor sowie bei der Förderung der Zivilgesellschaft. Seit vielen Jahren pflegen unsere Länder eine intensive finanztechnische Zusammenarbeit. Durch zinsgünstige Kredite und Zuschüsse, die über die KfW Entwicklungsbank und die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bereitgestellt werden, werden in der Republik zahlreiche sozioökonomische Programme und Projekte realisiert. Bemerkenswert ist die gemeinsame Arbeit mit einer Reihe angesehener deutscher politischer Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen, insbesondere mit der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung, der Hans-Seidel-Stiftung und anderen. Kurz gesagt, Usbekistan und Deutschland verfügen über großes Potenzial für die weitere Entwicklung der Zusammenarbeit in Bereichen wie „grüne“ Entwicklung, erneuerbare Energien, Transport und Logistik, industrielle Kooperation, Technologien, Gesundheitswesen und Bildung sowie die Förderung des Humankapitals. Vor dem Hintergrund der Intensivierung der bilateralen Beziehungen wächst in Deutschland das Interesse am reichen historisch-kulturellen Erbe und dem touristischen Potenzial Usbekistans. Ein bedeutendes kulturelles Ereignis für beide Länder war im Mai 2023 die Eröffnung der Ausstellung „Archäologische Schätze Usbekistans. Von Alexander dem Großen bis zum Kuschan-Reich“ auf der Museumsinsel in Berlin. An der Eröffnungszeremonie nahmen Präsident Shavkat Mirziyoyev und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil. Die Ausstellung, die bis zum 14. Januar dieses Jahres lief, präsentierte 65 Exponate aus den Sammlungen der staatlichen Museen Berlins sowie 285 Exponate aus den Museen Usbekistans, von denen viele erstmals außerhalb des Landes gezeigt wurden. Diese einzigartige Ausstellung erzählte von der alten und reichen Kultur unseres Landes und der Geschichte der frühen Staaten auf dem Gebiet des heutigen Usbekistans und Zentralasiens, beginnend im 6. Jahrhundert v. Chr. bis zum 4. Jahrhundert n. Chr. Diese Ausstellung hat das Interesse der deutschen Öffentlichkeit und Fachkreise an einer erweiterten Zusammenarbeit mit Usbekistan weiter gesteigert. Insbesondere wächst das Interesse am Erlernen der usbekischen Sprache in Deutschland. An mehreren deutschen Universitäten gibt es Abteilungen für usbekische Sprache und Literatur.

Buchara (Foto: Fatemeh Yavari)

Auch in Usbekistan nimmt das Interesse an Deutschland, seiner Kultur, Sprache sowie seinen Bildungs- und Geschäftsmöglichkeiten zu. In 980 Schulen des Landes lernen rund 270.000 Schüler Deutsch, und über 3.000 Lehrer und Lehrerinnen unterrichten diese Sprache. Es besteht eine enge Zusammenarbeit zur Weiterbildung von Lehrkräften aus allen Regionen Usbekistans in Deutschland, und deutsche Lehrmethoden werden in Usbekistan eingeführt. Die Vertretungen des Goethe-Instituts, der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Friedrich-Ebert-Stiftung, des Instituts für Internationale Zusammenarbeit des Deutschen Volkshochschul-Verbandes sowie des Büros Fachberaters für Deutsch der Zentralastelle für Auslandsschulwesen tragen ebenfalls zur Erweiterung der Möglichkeiten für die usbekische Jugend bei, die die deutsche Sprache erlernen möchte. Seit Juni 2009 wird in Usbekistan die Initiative des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland „Schulen: Partner der Zukunft“ umgesetzt. Die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen (ZfA) und das Goethe-Institut unterstützen dabei die Stärkung der Lehr- und technischen Ausstattung der Schulen mit Deutschunterricht. Ein großer Erfolg der usbekischen Schüler war die jüngste Leistung der usbekischen Schülerin Rayona Ibragimova aus Andischan bei der internationalen Facholympiade für Deutsch in Deutschland, bei der sie den 1. Platz unter mehr als 100 TeilnehmerInnen im Alter von 14 bis 17 Jahren aus 62 Ländern der Welt belegte. Im Bereich der Hochschulbildung haben usbekische Universitäten Kooperationen mit mehr als 30 Universitäten der Bundesrepublik Deutschland aufgebaut. Rund 1.000 usbekische Studierende, Doktoranden und Postdoktoranden studieren in verschiedenen deutschen Bildungseinrichtungen und wissenschaftlichen Zentren im Rahmen des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD). Die interregionale Zusammenarbeit entwickelt sich stetig und erfolgreich: Partnerschaftliche Verbindungen wurden zwischen den Städten Taschkent und Berlin sowie Buchara und Bonn aufgebaut. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit finden fruchtbare kulturelle und bildungspolitische Austausche statt, und es werden Projekte zur nachhaltigen Entwicklung umgesetzt. In den letzten Jahren wurden umfangreiche und für beide Seiten vorteilhafte gemeinsame Projekte im Gesundheitswesen umgesetzt. Im November 2019 wurde mit Unterstützung der deutschen Unternehmen „Heinemann Medizintechnik“, „Karl Storz“, „Greiner“ und der „KfW Bankengruppe“ auf der Grundlage des Republikanischen Mehrprofil-Medizinzentrums U. Kholmuradov in der Republik Karakalpakstan das „Deutsch-Usbekische Medizinische Beratungs- und Diagnosezentrum“ gegründet. In diesem Zentrum führten Ärzte führender Kliniken der Bundesrepublik Deutschland unentgeltliche Operationen und Beratungen für Patienten durch. Im Februar 2023 wurde in Zusammenarbeit mit den Kliniken der Charité und dem Robert Koch-Institut in Deutschland der Medizinische Fonds „Robert Koch–Ibn Sina“ gegründet, der sich mit der Weiterbildung von medizinischem Personal und der Anwerbung ausländischer Investitionen beschäftigt. Im Mai 2023 wurde in Samarkand in Zusammenarbeit mit diesem Fonds das erste Usbekisch-Deutsche Internationale Medizinforum organisiert, und am 18. und 19. April dieses Jahres fand in Berlin bereits die zweite Veranstaltung dieser Art statt. Hochqualifizierte Fachkräfte im mittleren Management und Führungskräfte im Gesundheitswesen werden in der Usbekisch-Deutsche Nichtregierungs-Bildungseinrichtung „Internationale Höhere Schule der medizinischen Wissenschaften Samarkand, benannt nach Abu Ali ibn Sina und Heinrich Schipperges“, die im Juni dieses Jahres eröffnet wurde, ausgebildet. Erwähnenswert sind auch die umfangreichen humanitären Projekte, im Rahmen derer deutsche Wohltätigkeitsorganisationen Usbekistan unentgeltliche Unterstützung bei der Behandlung von kranken usbekischen Kindern in deutschen Kliniken sowie bei der Bereitstellung von medizinischer Technik und Ausrüstung leisten. So wird regelmäßig eine gemeinsame humanitäre Aktion der Internationalen Wohltätigkeitsorganisation „Friedensdorf International“ und der Stiftung „Soglom avlod uchun“ zur Entsendung kranker Kinder aus Usbekistan zur Behandlung in die Bundesrepublik Deutschland durchgeführt. Im Rahmen dieser Aktion erhielten von 2002 bis 2024 insgesamt 434 Kinder aus Usbekistan im Alter von bis zu 12 Jahren eine kostenlose Langzeitbehandlung – von 6 Monaten bis zu 2 Jahren – in deutschen Kliniken. Darüber hinaus wurden von 2004 bis 2024 mit Unterstützung von „Friedensdorf International“ 6.743 Patienten mit angeborenen Defekten und nach Verbrennungen in Kliniken Usbekistans behandelt. Im Laufe der 20- jährigen Zusammenarbeit hat diese deutsche Organisation auch humanitäre Hilfsgüter in Form von Medikamenten und medizinischen Ausrüstungen an die Stiftung „Soglom avlod uchun“ übergeben. Wenn man über die Entwicklung der kulturellen und humanitären Zusammenarbeit spricht, darf man den Beitrag der deutschen Minderheit in Usbekistan, die heute mehr als fünftausend Menschen umfasst, nicht unerwähnt lassen. In unserem Land sind sie nicht nur ein integraler Bestandteil der usbekischen Gesellschaft, sondern dienen auch als Brücke zwischen den beiden Staaten. Zur Gewährleistung ihrer Rechte und Interessen wurde eine zwischenstaatliche Kommission für die Angelegenheiten der in Usbekistan lebenden Deutschen eingerichtet, die heute erfolgreich tätig ist. So kann man mit Zuversicht feststellen, dass die Beziehungen zwischen Usbekistan und Deutschland in den letzten Jahren ein qualitativ neues, höheres Niveau des gegenseitigen Verständnisses und Vertrauens erreicht haben. In diesem Zusammenhang wird der bevorstehende offizielle Besuch des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz in unserem Land zweifellos einen neuen Impuls für den beiderseitig vorteilhaften politischen Dialog, die Intensivierung der vielfältigen Zusammenarbeit und die Stärkung der Freundschaft zwischen dem usbekischen und dem deutschen Volk geben.

Text: Dunyo

Fotos: Volker Neef; Frank Pfuhl; Fatemeh Yavari

Print Friendly, PDF & Email