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TÜV-Tagung „Fit to drive“

Frank Mußhoff (Foto: Gernot Volger)

TÜV-Tagung „Fit to drive“

Am 28. September fand im Auditorium in der Friedrichstraße in Berlin-Mitte ein
Politischer Abend des TÜV-Verbands zum Thema „Fit to Drive“ statt. 

Wer aus der Ankündigung geschlossen hatte, dass die Diskutanten den Abend auf Englisch durchführen würden, sah sich getäuscht. Durch die Entscheidung der drei Parteien, die die Bundesregierung bilden, den Gebrauch von Cannabis zu entkriminalisieren und das Verbot von Cannabis aufzuheben, ist auch das Problem entstanden, wie mit motorisierten Verkehrsteilnehmern unter Cannabiseinfluss zukünftig zu verfahren sei. Die Bundesregierung hat eine Arbeitsgruppe geschaffen, deren Aufgabe im Wesentlichen darin besteht, einen möglichen Grenzwert für eine eventuelle Fahruntüchtigkeit zu bestimmen. Den Einleitungsvortrag hielt Professor Dr. Frank Mußhoff, ausgewiesener Toxikologe und stellvertretender Vorsitzender der Gemeinsamen Arbeitsgruppe für Grenzwertfragen und Qualitätskontrolle, eine fachübergreifende Arbeitsgruppe, vorwiegend aus Wissenschaftlern bestehend, deren Aufgabe es ist, der Politik Input zu liefern. Wie einem Wissenschaftler angemessen, zeigte Mußhoff vor allem die methodischen Probleme auf, denen sich die Arbeitsgruppe gegenüber sieht. Das wichtigste: Es gibt nahezu keine Studien, die wissenschaftlich einen Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und der
Fähigkeit zum Führen eines Fahrzeugs herstellen. Nämlich in erster Linie deshalb, weil der ganze Bereich bislang wissenschaftlich so gut wie gar nicht erforscht ist. Cannabis ist ein Tabuthema – nach wie vor. Das bedeutet auch: Der bisherige Grenzwert von mindestens 1 Nanogramm pro Milliliter Blutplasma, bei dessen Vorliegen ein Fahrzeugführer als für den Straßenverkehr ungeeignet angesehen wird (mitsamt all den daraus resultierenden schlimmen Konsequenzen: 500 € wegen Verstoßes gegen das Straßenverkehrsgesetz, ein Monat Fahrverbot, eventuell MPU mit weiteren Kosten), ist eine willkürliche politische – Festlegung. Professor Mußhoff wollte zwar dem Ergebnis der Arbeitsgruppe nicht vorgreifen, machte jedoch auch deutlich, dass, wissenschaftlich gesprochen, es keine Grundlage für die Entscheidung für oder gegen einen Grenzewert gibt. Am Ende muss also die Politik entscheiden – ohne wissenschaftlichen Input. In der anschließenden Diskussion hatten dann alle Interessenvertreter, die neben Mußhoff die Diskussion auf dem Podium bestritten, eine Meinung – sei es für oder gegen irgendwelche Grenzwerte und strafrechtliche Verfolgung. (Ja klar doch, jeder hat zu allem und jeden eine Meinung, wenn man ihn fragt. Doch schon Ludwig Wittgenstein, einer der revolutionären philosophischen Denker des 20. Jahrhunderts, wusste, dass es nichts Verkehrteres gebe, als Meinen eine geistige Tätigkeit zu nennen.) Eines darf man vermuten: Man wird nicht falsch liegen, wenn man zu wissen glaubt, dass keiner der Diskutanten irgendwelche Erfahrungen mit Cannabis gemacht hat.

Text/Foto: Gernot Volger

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin