Eine sehr große Ehre widerfuhr der Bundeswehr am 20. Juli bei der Vereidigung von ca. 400 Rekrutinnen und Rekruten in Berlin-Tiergarten.
Im Bendlerblock konnten Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Generalinspekteur Carsten Breuer Frau Konstanze von Schulthess-Rechberg, die jüngste Tochter von Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg, begrüßen. Sie durfte ihren heldenhaften Vater nie kennenlernen. Der Widerstandskämpfer Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg und seine Unterstützer hatten am 20. Juli 1944 vergeblich versucht, den Massenmörder Adolf Hitler mittels einer Bombe zu beseitigen. In der Nacht vom 20. auf den 21. Juli richteten die Nazis Claus Graf Schenk von Stauffenberg und drei seiner Helfer im Bendlerblock hin. Insgesamt richtete das NS-Regime knapp 90 am Attentat beteiligte Personen hin. Die Gattin von Claus Graf Schenk von Stauffenberg und die Kinder nahmen die Nazis 1944 in Sippenhaft.
Frau Konstanze von Schulthess-Rechberg kam als Tochter des Widerstandskämpfers Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg im Januar 1945 in Frankfurt/Oder zur Welt. Zur Geburt hatte die Mutter das KZ für wenige Tage zum Zwecke der Entbindung verlassen dürfen.
Am Ort der Hinrichtung ihres Vaters, vor genau 79 Jahren, nahm sie an der Vereidigung teil. Für alle Beteiligten war das ein sehr bewegender und unvergesslicher Tag.
Jede Armee ist auf Befehl und Gehorsam aufgebaut. Der Vater von Frau Konstanze von Schulthess-Rechberg hat Deutschland und der ganzen Welt am 20. Juli 1944 klargemacht: Es gibt Grenzen für Befehle! Wo ein Regime Menschen ermordet, weil deren Religion, deren politische Weltanschauung oder deren sexuelle Orientierung dem Regime nicht zusagen, werden die Befehlsverweigerung und der Widerstand gegen eine Diktatur zur Pflicht!
Der Ehrengast betonte in der Rede u. a.: „Heute ist ein bedeutender Tag. Denn heute beginnen sie eine berufliche Laufbahn, die sie in den Dienst ihres Landes stellen.“ Die Festrednerin wies auch daraufhin: „Die Beteiligten des Deutschen Widerstandes haben nicht weggesehen. Seien Sie wachsam und schauen auch Sie nicht weg!“
Boris Pistorius zollte den angetretenen Rekruten Dank und Respekt. Er sagte: „Sie haben eine große Entscheidung getroffen. Mit Ihrer Entscheidung für die Bundeswehr übernehmen Sie Verantwortung für unser Land, für die Menschen in diesem Land, für unsere Freiheit, für unsere Demokratie, für unseren Rechtsstaat“. Ferner erklärte er: „Als Staatsbürger leben sie täglich die Werte unserer Gesellschaft, und als Staatsbürger in Uniform stehen sie an maximal zentraler Stelle für unsere Demokratie“.
Generalinspekteur Carsten Breuer sprach zum Abschluss des Gelöbnisses über die große Aufgabe, die die Rekrutinnen und Rekruten übernehmen. „Sie stellen sich bewusst in den Dienst des deutschen Volkes. Sie übernehmen Verantwortung für die Sicherheit unseres Landes“, sagte er. Nicht nur er, sondern alle Menschen in Deutschland seien darauf stolz, so der ranghöchste Soldat Deutschlands. „Mit ihrer Haltung geben sie Halt und werden damit zu einem Vorbild für uns alle.“
Das Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung unter Leitung von Oberstleutnant Hans Domrich und das Stabsmusikkorps der Bundeswehr unter Leitung von Oberstleutnant Reinhard Kiauka waren für die gelungene Ausrichtung der Vereidigung im Bendlerblock verantwortlich gewesen.
Die Vereidigung am 20. Juli 2023 wird noch sehr lange nachhallen. Die Tochter des Widerstandskämpfers Claus Graf Schenk von Stauffenberg nahm, am Ort der Hinrichtung ihres Vaters, an der Vereidigung teil! Das zeugt von Größe und unterstreicht auch den hohen Stellenwert, den die Soldatinnen und Soldaten für Frau Konstanze von Schulthess-Rechberg haben.
Anders als in zahlreichen Vorjahren traf man rund um den Bendlerblock keine Störer und sogenannte Gegendemonstranten an. Der Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 hat wohl dazu beigetragen, dass man in diesen Kreisen Größtenteils von der Notwendigkeit einer Verteidigungsarmee überzeugt ist. Es ist bedauerlich, dass erst ein Krieg mitten in Europa zu einem Umdenken in den Kreisen der Bundeswehrhasser offensichtlich geführt hat.
Text/Foto: Volker Neef