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Thomas Fasbender: „Das unheimliche Jahrhundert – Vor der Zeitenwende“-Buchvorstellung    

Thomas Fasbender (Foto: Frank Pfuhl)

Thomas Fasbender: „Das unheimliche Jahrhundert – Vor der Zeitenwende“-Buchvorstellung    

Am 18. November 2022 lud der Journalist Ewald König in Berlin-Mitte zu einer Buchvorstellung im „korrespondenten.cafe“ ein. Der Journalist und Autor Thomas Fasbender sprach über sein jüngst erschienenes Buch, das den Titel „Das unheimliche Jahrhundert – Vor der Zeitenwende“ trägt. 

Ewald König (li) und Thomas Fasbender (Foto: Frank Pfuhl)

Fasbenders Thema ist die – innerhalb gewisser Parameter schon heute sich abzeichnende – Zukunft der Menschheit über die nächsten 50, 100 und 200 Jahre. Er zeichnet ein düsteres Szenario. (1) Bereits heute ist absehbar, dass das Ziel, die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf zwei Grad Celsius zu begrenzen (Klimakonferenz von Paris 2015), trotz aller klimapolitischen Maßnahmen und Interventionen, mit Gewissheit die Erderwärmung nur marginal vermindern wird. „Der Klimawandel ist nicht aufzuhalten, da wir weiterhin der fossilen Energien zur Aufrechterhaltung unseres Lebensstandards bedürfen.“ Das Unabwendbare ist die Drei-Grad-Welt, das Allerschlimmste ist jeder Grad über vier. (2) Die Welt umfasst gegenwärtig 7 Milliarden Menschen, wobei die Wachstumsraten der Weltbevölkerung rückläufig sind. In Subsahara-Afrika ist das anders. Dort gibt es ein starkes Bevölkerungswachstum; und das wird sich auch in der absehbaren Zukunft nicht ändern. (3). Da das subsaharische Afrika am meisten von der Erderwärmung negativ betroffen sein wird, also dort die Nahrungsgrundlagen für immer mehr Menschen immer geringer werden, wird bei steigenden Bevölkerungszahlen der Migrationsdruck auf Europa zukünftig immer stärker. (4) Mit Gewissheit wird sich die Mehrheit der Menschheit außerhalb Europas und außerhalb von dessen Ablegern in Nordamerika, Australien und Neuseeland im Konflikt zwischen ökologischen und ökonomischen Zielen – „wenn es ums Überleben geht“ – für letztere entscheiden. Die Ökologiedebatte ist ein Elitenprojekt in relativ saturierten Gesellschaften, dass die abweichenden Interessen der Mehrheit der Weltbevölkerung (mitsamt deren Eliten) nicht zur Kenntnis nehmen will. „Noch träumen die Europäer vom Universalismus ihrer Werte.“           

Die hier extrem verkürzt dargestellten Entwicklungen sind bereits heute absehbar. Fasbender sagt sogar für das 22. oder 23. Jahrhundert den Untergang unserer kapitalistischen, auf fossiler Energie basierenden Zivilisation voraus, die sich dann erschöpft haben wird. Er fordert uns auf, über 10 Generationen in die Zukunft zu denken. Das ist kühn und anregend zugleich. 

Da Fasbender, wie erkennbar, eine realistische Art des Herangehens an diese zukünftigen Großprobleme vorschlägt, hat er wenig übrig für die „Erzoptimisten“, die sich die Zukunft nur als Verlängerung der Gegenwart vorstellen können. Mit Sozialtechnologie scheinen den Optimisten alle Probleme lösbar. Doch die Klimahoffnungen werden ins Leere laufen. Die sich abzeichnenden Umbrüche werden vermutlich weit gravierender sein als wir uns das heute vorstellen können oder wollen. Fasbenders Haltung ließe sich als die eines heroischen Nihilismus beschreiben, das Unabwendbare mit den Mitteln der Vernunft zu verstehen und diesem Unabwendbaren gleichzeitig tapfer ins Auge zu sehen. Der Mensch müsse sein – unabwendbares – Schicksal annehmen – hier weht, sozusagen, ein Hauch von Albert Camus. 

„Das unheimliche Jahrhundert – unser Jahrhundert – kündet nur vom Niedergang der alten Zeit.“ Die Zukunft wird radikal anders sein, als wir uns dies vorzustellen vermögen: „Im 21. Jahrhundert geht unsere Welt disruptiven und irreversiblen Veränderungen entgegen.“

Fasbender ist ein kluger Kopf und sein Buch vermag, zumindest für einen Moment, zum Denken über den Tag hinaus anzuregen. Das ist nicht wenig. Das Buch ist weder Sachbuch noch Fiktion. Es ist eher ein notwendigerweise etwas längerer Essay populärwissenschaftlicher Art; also wissenschaftlich fundiert, der langfristige, gleichwohl heute schon absehbare Entwicklungen zu durchdenken versucht.

Das Werk des Autors Thomas Fasbender „Das Unheimliche Jahrhundert – Vor der Zeitenwende“ ist im Landt Verlag zu Lüdinghausen 2022 erschienen. Es umfasst 186 Seiten und kostet im deutschen Buchhandel 26 Euro. ISBN 978-3-948075-49-1.  

Text: Gernot Volger

Fotos: Frank Pfuhl

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin