Wer als Gast nach Tallin, der Hauptstadt Estlands, kommt, kann in der Altstadt zahlreiche gute Restaurants vorfinden.
Die Altstadt, der einheimische Name ist Vana-Viru, bietet vom Imbissstand bis zum erlesenen Restaurant Spezialitäten aus nahezu aller Welt an. Neben der baltischen Küche, wo Fischgerichte im Vordergrund stehen, sind dies auch die Küche Chinas, Frankreichs, Portugal, Spaniens, Arabiens und der Türkei beispielsweise.
Estland ist ein junger Staat, der Mitglied der NATO und der EU ist. Die Währung ist der Euro. Das baltische Land war in der Zeit von 1918 bis 1940 unabhängig und ist es seit 1991 wieder. Einst war es Bestandteil der UdSSR. Bis heute hat Russland seine Spuren hinterlassen. Viele Esten sprechen Russisch, die russische Kultur, für die Namen wie zum Beispiel Dostojewski, Gorki, Tolstoi, Rachmaninow, Prokofjew, Glinka, Schostakowitsch u. v. a. stehen, sind allgegenwärtig. Die Werke dieser Autoren und Komponisten haben in Estland einen hohen kulturellen Stellenwert. Daran kann, daran soll die aktuelle politische Lage nichts ändern! Die genannten Autoren und Komponisten sind schon seit vielen Jahren verstorben, ihre Werke leben weiter, auch in Zeiten, in denen in Europa ein schrecklicher Krieg tobt.
Der Einfluss der russischen Kultur ist in Estland ebenso bemerkbar wie der Einfluss von russischen Spezialitäten. Dazu zählen in erster Linie Soljanka, Borschtsch, Pelmeni, Plow, Kvass. Nicht zu vergessen, der Tee aus dem Samowar.
In Tallin in der Altstadt, in der Vana-Viru Nr. 4, befindet sich das Restaurant PELMEN. Es ist für seine ausgezeichnete russische Küche bekannt. In den Sommermonaten wird auch draußen bedient. Im Restaurant befinden sich einige Ausstellungsstücke, die im Museum stehen könnten. So sieht man einen alten Münzfernsprecher aus Zeiten der 60er Jahre in der Sowjetunion. Ebenso trifft man auf zwei uralte russische Rechenbretter an. Man kennt sie unter dem Namen Abakus. Man sieht Behälter wie Flaschen und Thermoskannen mit dem offiziellen Maskottchen der Olympischen Spiele 1980 in Moskau.
Schon sind wir wieder bei der Politik! Nach dem Einmarsch der Sowjetunion 1979 in Afghanistan boykottierten westliche Länder diese Olympischen Spiele. Es sei erwähnt, dass fast der gesamte Ostblock vier Jahre später die Olympischen Spiele in Los Angeles 1984 boykottiert hatte.
Wer das Restaurant PELMEN in Tallin besucht, speist und trinkt nicht nur köstlich, der Gast kann gleich einen kostenlosen Museumsbesuch unternehmen.
Die Rechnung wird dem Gast hochmodern mit Computerausdruck serviert. Der Abakus kommt bei den netten Restaurantfachkräften Veronika, Anita und Anastasia nicht mehr zum Einsatz. Die meisten Mitarbeiter im PELMEN sind auch so jung, sie kennen die Zeit der UdSSR nur aus den Erzählungen der Eltern oder der Babuschka. Die russische Großmutter hat dem ein oder anderen Koch das beigebracht, was selbst eine sehr gute Kochausbildung nicht so bewirken konnte: Schmackhafte russische Speisen und Kuchen herzustellen.
Text: Volker Neef
Foto: Svetlana Reinwarth