"Paul" von Denis Côté (Fotos © Coop Vidéo de Montréal)
Von dem 1973 in Kanada geborenen Regisseur Denis Côté stammt der Dokumentarfilm „Paul“. Man kennt den Filmemacher u. a. von seinen Filmen „Ghost Town Anthology“ (2019) und „Hygiene sociale“. Dieser Film kam 2021 auf der Berlinale zur Aufführung.
Der Film „Paul“ lief in der Sektion Panorama. Die Länge beträgt 87 Minuten. Es handelt sich bei diesem Werk um einen Dokumentarfilm. Hier ist Denis Côté zusammen mit Harry Quichou und Karine Belanger der Produzent. Der Originaltitel lautet: Cleaning Simp Paul.
„Paul“ von Denis Côté (Fotos © Coop Vidéo de Montréal)
Denis Côté zeigt dem Zuschauer in seinem Dokumentarfilm „Paul“ (Panorama) einen schwergewichtigen Mann, den Paul. Seine Ängste überwindet der Mann, der als gebildeter Kanadier die Sprachen Englisch und Französisch spricht, indem er für Dominas putzt. Paul leidet unter Depressionen, sozialen Ängsten und Einsamkeit. Er nimmt den Kampf dagegen auf, indem er seine eigenwilligen Putzaktionen, die schon recht exzentrisch sind, auf Social-Media-Kanälen mitteilt. Er hat eine große Anhängerschaft in den Kanälen. Paul lässt sich erniedrigen von den Damen, den „Herrinnen“, bei denen er unterwürfig putzt. Sex hat er mit keiner seiner „Herrinnen“. Er küsst hier und da die Schuhe der Dominas, leckt auch deren Stiefel sauber. Für sein Putzen kassiert er weder Geld noch zahlt er dafür. Der außenstehende Zuschauer, der die Sado-Maso-Szene nur vom Hörensagen und aus der Berichterstattung kennt, mag mit dem Kopf schütteln ob des Verhaltens von Paul. Oft denkt man: „Das gibt es doch gar nicht. Es kann doch nicht wahr sein“! Man hat dann oft den Eindruck, eventuell ist es kein Dokumentar-, sondern ein Spielfilm.
Denis Côté (Foto: © Denis Côté)
Dem ist aber nicht so. Paul ist offensichtlich krank. Das soll nicht darauf hinauslaufen, dass grundsätzlich alle Freunde aus der Sado-Maso-Szene „krank“ sind. Wer Paul im Film beobachtet, ihn sieht, wie er sich unterwürfig vor den „Herrinnen“ verneigt, sich ganz bewusst von ihnen erniedrigen lässt und dafür noch dankbar ist, kommt vielleicht zu der Erkenntnis: Der unter Depressionen, sozialen Ängsten und Einsamkeit leidende schwergewichtige Mann sollte sich nicht scheuen, einen Arzt zu konsultieren. Schaden kann es ja nicht. Wenn Paul so weitermacht, geht er später im Leben an seinem Glück eventuell vorbei! Familienplanung kann man nicht im Seniorenalter durchführen.
Denis Côté macht den Betrachter mit einer Szene vertraut, die vielen Zusehern bisher verschlossen gewesen sein dürfte. Ein politisches Filmfestival, wie es die Berlinale ist, soll schließlich auch dazu dienen, solche dunkle Tunnel mit Scheinwerferlicht zu erleuchten! Das ist Denis Côté eindrucksvoll gelungen.
Text: Volker Neef
Fotos: © Coop Vidéo de Montréal; © Denis Côté