Am 12.10. fand der Parteitag des Berliner Landesverbands der AfD statt. Er wird am 13.10. fortgesetzt.
Da die Partei in Berlin keine Räumlichkeiten fand, wich man ins brandenburgische Jüterbog im Landkreis Teltow-Fläming aus. Vor dem Versammlungsgebäude traf man Gegendemonstranten an. Die Polizei sicherte das Tagungsgebäude ab und achtete darauf, dass die Gegner der Versammlung einen Sicherheitsabstand einhielten.
Berlins AfD-Chefin Kristin Brinker eröffnete den Parteitag und sagte: „Unseren Vermietern drohen Anschläge. In solchen Zeiten leben wir“. Als ihre Partei 2013 gegründet worden ist, hätte doch niemand gedacht „dass wir uns heute zum dritten Mal treffen um unsere Bundestagskandidaten aufzustellen. Wir haben etwas geschafft, was uns niemand zugetraut hat. Besonders im Osten Deutschlands sind wir Volkspartei geworden“. Scharfe Kritik kam von Kristin Brinker in Richtung Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Berlins Regierendem Bürgermeister Kai Wegner (CDU). Olaf Scholz ist in ihren Augen „ein paar Nummern zu klein für die wichtigen Herausforderungen, vor denen Deutschland steht.“ Kai Wegner habe so viel versprochen, aber nichts eingehalten. Die von ihm versprochene gut funktionierende Metropole Berlin finde man nicht vor.
Spitzenkandidatin der Berliner AfD ist die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch geworden. Sie erhielt 236 Ja-Stimmen, es gab 27 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen. Das entspricht einer Zustimmung von knapp 87,5 Prozent. Sie betonte, die AfD mit mittlerweile 50.000 Mitgliedern „könne Berge versetzen.“ Die AfD setze sich u. a. für ein Ende des Genderwahns ein. „Es gibt nur zwei Geschlechter“. Die Berliner AfD-Spitzenkandidatin sagte für die Bundestagswahl 2025 voraus: „Die AfD stellt den Kanzler und die Grünen fliegen aus dem Parlament.“ Tagtäglich merke man doch: „Grün ist am Boden. Die Ampel ist am Boden.“ Ziel der AfD müsse es sein, in kürze die größte Opposition im Deutschen Bundestag, die CDU/CSU, zu überflügeln.
Der Bundestagsabgeordnete Gottfried Curio kam auf den 2. Platz der Berliner Landesliste. Von 273 gültigen Stimmen entfielen auf ihn 249 bei 20 NEIN-Stimmen und 4 Enthaltungen.
Auf Platz drei wählten die Delegierten Ronald Gläser aus Pankow. Er ist im Berliner Abgeordnetenhaus Parlamentarischer Geschäftsführer. Er bekam 207 JA-Stimmen, sein Gegenkandidat Thomas Wilke kam auf nur 27 JA-Stimmen. Es gab 28 Delegierte, die ein NEIN bei beiden Kandidaten setzten und es waren 7 Enthaltungen zu verzeichnen. Ronald Gläser betonte in seiner Kandidatenrede: „Seit 20 Jahren bin ich Journalist. Seit 8 Jahren gehöre ich dem Abgeordnetenhaus an. In dieser Zeit habe ich immer wieder feststellen müssen, wie andere Parteien sich diesen Staat zur Beute machen wollen. Ich möchte als Bundestagsabgeordneter den Deutschen helfen, ihr Land zurückzubekommen“.
Mehrere Wahlgänge gab es um den Listenplatz 4. Das Motto lautete hier: Bezirksstadtrat versus Bezirksstadtrat. Am Ende setzte sich der ehemalige Reinickendorfer Bezirksstadtrat Sebastian Maack gegen den ehemaligen Bezirksstadtrat Andreas Otti aus Spandau durch. Sebastian Maack erhielt 135 Stimmen, Andreas Otti 111. Bei dieser Wahl gab es 2 Enthaltungen und 12 Delegierte sagten zu beiden Kandidaten NEIN.
In seiner Bewerbungsrede wies Sebastian Maack daraufhin: „Deutschland war einst eine wirtschaftliche Großmacht. Jetzt bewegen wir uns auf den Pfad zu, von einer Industrienation uns weit weg zu entfernen“. Das der Einzelne sehr viel bewegen könne, wenn er wolle und Gesetze anwende, habe er in seinem Bezirk Reinickendorf bewiesen. So habe es beispielsweise gemeinsame Kontrollen von Mitarbeitern des Ordnungsamtes, des Zolls und der Polizei auf Flohmärkten gegeben. Dort habe man u. a. Hehlerware sichergestellt und bei Verstößen gegen das Markenrecht gnadenlos auf die Gesetzeslage verwiesen. Habe er als zuständiger Bezirksstadtrat von einem illegal betriebenen Lokal oder einem gastronomischen Betrieb erfahren, wo es nicht nur um die Bewirtung von Gästen gegangen ist, sei er unverzüglich diesen Hinweisen nachgegangen. Selbst der Hinweis, dass ein oder andere Lokal werde von einer bestimmten Großfamilie betrieben, habe Sebastian Maack bei der Ausübung seiner Tätigkeit nicht abschrecken können. All diese positiven Erfahrungen werde er in sein Mandat als Volksvertreter unverzüglich einbringen.
Der Politikwissenschaftler Michael Gleichmann aus dem Bezirk Treptow-Köpenick belegte den Platz 5 der Landesliste. Er war der Kandidat der Jungen Alternative Berlin.
Nach heutigem Stand kann man davon ausgehen, dass die AfD in Berlin vier Bundestagsabgeordnete 2025 stellen wird. Das sie in einem Berliner Wahlkreis ein Direktmandat holen wird, gilt als sehr unwahrscheinlich. Die letzten Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg brachten der AfD zahlreiche Zugewinne. Ein Delegierter drückte es im vertrauten Gespräch so aus: „Der ein oder andere aus meiner Partei kann vor lauter Kraft nicht laufen nach diesen Wahlresultaten“. Bis zur Bundestagswahl sind es noch 11 Monate. Da kann sich politisch und wirtschaftlich noch viel entwickeln.
Text: Volker Neef
Foto: Frank Pfuhl