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Menschen mit Spuren und und ihre Wege durch die Krise: Folge 3: Friedemann Gottschald

Friedemann Gottschald (Foto: Joachim Skambraks)

Menschen mit Spuren und und ihre Wege durch die Krise: Folge 3: Friedemann Gottschald

Gespräch mit Friedemann Gottschald, Künstler und Kunstsammler Bayreuth. 

Vor Jahren haben wir zusammen Kunst und eine Ausstellung gemacht. Gemeinsam machen wir Videos. Er ist Künstler und wirkt durch eindrucksvolle Collagen und Drucke. Friedemann Gottschald sammelt seit über 50 Jahren Kunst. Mutmaßlich hat er eine der großen Sammlungen in Deutschland im Bereich grafische Druckwerke. 

MMS: Friedemann, wo hinterlässt du Spuren aus Deiner Sicht heraus gesehen? 

Friedemann Gottschald: Aus meiner Sicht hinterlasse ich die Spuren in meiner Tätigkeit und in meiner Arbeit, wenn ich künstlerisch schaffe und zwar in meinen Holzschnitten und in meinen Collagen. Da bin ich natürlich präsent und zeige dies vielleicht auch mit meiner Themenauswahl, die ich dann bearbeite und jeder sieht, was entstanden ist. Diese entstandenen Arbeiten hoffe ich eines Tages noch zeigen zu können, auch wenn die Möglichkeiten jetzt eingeschränkt waren. 
Dafür konnte ich in dieser Zeit etwas Anderes entwickeln. Und zwar habe ich aus meiner Sammlung grafischer Druckkunst eine Ausstellung zusammen gestellt, die jetzt glücklicherweise fast uneingeschränkt hier in Bayreuth im Kunstmuseum gezeigt werden kann. 

MMS: Das ist, glaube ich, ein Sache, die sehr motivieren kann. 

Friedemann Gottschald: Ja natürlich kann so etwas motivieren, zumal man dann erst einmal sieht, was alles im Bestand ist, was alles vorhanden ist. Ich habe mich in der Ausstellung dann auf meine Mappenwerke beschränkt, die jetzt teilweise geschlossen gezeigt werden. Ich sehe sie jetzt das erste Mal in einem Museum an der Wand hängen. Das ist für mich schon eine Spur, die zwar nicht für die Ewigkeit ist, aber wenigstens für einen Abschnitt in meinem Leben, der sich jetzt aufgrund dieser Pandemie zeigt. 

Friedemann Gottschald (Foto: Joachim Skambraks)

MMS: Dieses Projekt „Menschen mit Spuren“ hat ja einen Anlass. Es gab einen Lockdown und es gab eine Pandemie. Wie hat sich das auf dich und dein Leben ausgewirkt? 

Friedemann Gottschald: Ja seit 2020 ist das natürlich schon schwierig für mich. Da gab es einige gravierende Erlebnisse in meinem Leben. Zuerst ging es ja bis Februar 2020 noch gut. Da konnten wir auch noch einiges unternehmen oder ich konnte noch einiges unternehmen. Ich war noch in Karlsruhe auf der Kunst-Messe und danach kamen die ganzen Einschränkungen und gleichzeitig auch die familiären Bedrängnisse, die durch den späteren Tod meiner Schwiegermutter noch den Höhepunkt bildeten. Das hat für uns einen tiefen Einschnitt gegeben. 

MMS: Wie hat sich das sonst noch auf dein Leben ausgewirkt? 

Friedemann Gottschald: Ja es war zuerst natürlich mit viel Angst verbunden und dann zusätzlich mit viel Bedrängnis mit dem, was das alles bewirkt hat. Es hat auch die Motivation gefehlt, dadurch dass viele Ausstellungen abgesagt wurden, dass kein Zugang da war und dass die einzelnen Besucher ausgeschlossen waren. Aufgrund der Pandemie waren ja diese gravierenden Einschnitte im normalen Leben gegeben. 

MMS: Was hat dir denn selber ein bisschen Mut gegeben oder Motivation gegeben? Gibt es da irgendeine kleine Technik, eine Idee, eine Strategie, die geholfen hat, da durchzukommen? 

Friedemann Gottschald: Motiviert haben mich die Städtereisen, die wir trotzdem in dieser kurzen Zeit einschieben konnten. Meine Frau und ich sind nach Berlin und nach Dresden gefahren. Natürlich gab es Einschränkungen im Hotel, im Service, im Besuch der Gaststätten. Man musste sich auch bei den Museen anmelden. Das war alles in dem Sinn ungewohnt, aber es hat einen dann wieder entschädigt, wenn man die ganzen Arbeiten, wenn man die Kunst vor Ort gesehen hat. Daran konnten wir uns erfreuen. Also es hat einen doch wieder aufgebaut. Es war nicht nur alles negativ. Man muss halt selber das Beste daraus suchen und finden, damit man eine Freude hat, die auch weiter hilft, das Ganze durchzustehen. 

MMS: Also die kleinen Lücken auch mal nutzen. Dann ist wieder ein bisschen Freiheit da, die einen motiviert.

Friedemann Gottschald: Das ist natürlich das A und O, dass man sich selber bestätigt und nicht den Kopf hängen lässt. Man muss eben die Kraft daraus ziehen und auch durch kleine Freuden den Mut aufbauen, das Ganze durch zu ziehen und durch zu stehen. 

Friedemann Gottschald (Foto: Joachim Skambraks)

MMS: Du hast mir jetzt wunderbar den Ball zugespielt, weil meine Frage ist ja auch: Was gibt es aus dem Bereich der Kunst, der Kultur, der Literatur, der Musik, so kleine Highlights, die dich auch ein bisschen durch diese Zeit getragen haben? 

Friedemann Gottschald: Ja, wir waren vier Tage in Berlin und haben vor Ort vieles angesehen. Als Highlight kann ich noch sagen der Besuch der Brücke-Ausstellung im Brücke-Museum in Berlin mit den ganzen Künstlern, die dort ausgestellt werden. Die konnten wir in Ruhe anschauen, weil auch der Besucherandrang reduziert war. Viele sind natürlich in dieser Zeit nicht in Museen gegangen, weil es einfach schwierig war. Man musste sich anmelden, man hatte Zeitfenster und man musste die Tickets vorher kaufen. Aber ich habe mich dann einfach durchgerungen und die Tickets vorher bestellt und die Zeiten dann auch eingehalten. Wenn man die Kraft dazu hernimmt, das alles auf sich zu nehmen, dann hat man auch wieder eine Freude aus der Kraft geschöpft. Das ist, glaube ich, wichtig in dieser Zeit. 

MMS: Meine letzte Frage an dich: Ist es denn in der Zeit etwas passiert, was für dich neu ist, eine Innovation? Fühlst du dich selber ein bisschen transformiert? Was ist in dieser Zeit passiert, das jetzt einen Schub gibt als Aufbruch? 

Friedemann Gottschald: Auf alle Fälle ist es so, dass ich viele Sachen zurückgeschraubt habe und dass ich jetzt das eine oder andere einfach bewusst sehe. Das kann ich dann auch in der Zeit nutzen. Ich muss überlegen, was kommt noch auf mich zu. Was kann ich da noch alles bewegen? Wenn ich die Einsicht habe, dann glaube ich, ziehe ich schon gute Schlussfolgerungen. 

MMS: Vielen Dank für das Gespräch. Vielen Dank für deine Inspirationen. Ich habe eindrücklich gemerkt, wie du für die Kunst lebst und brennst. Auch vielen Dank für die offenen Worte. 

Text und Interview: Joachim Skambraks, Stimme der Hauptstadt.Berlin, Redaktion München

Ein großer Dank geht an Friedemann Gottschald, der uns großzügig gestattet hat, eines seiner Kunstwerke abzubilden. 

Foto: Joachim Skambraks

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin