Wir hatten ja bereits darauf hingewiesen, dass unsere Redaktion im Rahmen unserer Wahlberichterstattung aus Usbekistan mit 2 Kandidaten gesprochen hat. Es sind Parteimitglieder unterschiedlicher Parteien.
Einmal haben wir mit einer Kandidatin gesprochen, die erneut für ein Kommunalparlament kandidiert; ebenso mit einem Kandidaten, der für das höchste Parlament Usbekistans kandidiert. Für das höchste Parlament des Landes kandidiert Mamadhonov Bakhodir (38). Da die usbekischen Schreibweisen sich von der deutschen Sprache stark unterscheiden, findet man seinen Namen manchmal auch mit Bakhodir Mamadkhonov vor. Er ist seit 12 Jahren Mitglied des usbekischen Parlaments. Man kann diese Institution mit dem Deutschen Bundestag vergleichen. Herr Mamadkhonov gehört der Partei „Milliy Tiklanish“ an. Übersetzt heißt das Nationale Wiederbelebungspartei. Die Partei verfügt über ca. 770.000 Mitglieder. Bei knapp 36,7 Millionen Einwohnern bedeutet das, 2 Prozent der Bevölkerung gehören der „Milliy Tiklanish“ an. Einmal zum Vergleich: Bundeskanzler Olaf Scholz aus den Reihen der SPD kann auf 365.000 Mitglieder verweisen. Bei 82 Millionen Einwohnern sind ca. 0,5 Prozent der Einwohner Genossinnen und Genossen in der SPD.
Bakhodir Mamadkhonov teilte mit: „Meine Partei stellt 36 Parlamentarier von insgesamt 150 Abgeordneten. Im Rahmen einer Koalition sind wir an der Regierung beteiligt. Wir stellen zum Beispiel den Kulturminister und die Ausschussvorsitzende für Familie und Jugend“. Er selber hat kein Amt als Minister inne, er sieht sich mehr „als Parteisoldat. Als Student wurde ich mit 26 Jahren Abgeordneter, das kam etwas überraschend für mich. Ein sehr gutes Wahlergebnis für meine Partei war die Ursache. Ich habe Parteiämter bekleidet wie das Amt des Generalsekretärs und später im Parlament das Amt eines Parlamentarischen Geschäftsführers“. Aktuell ist er Stellvertretender Parteivorsitzender. Das bedingt, viel im Land herumzureisen und Parteiveranstaltungen zu besuchen. Zwei persönliche Rekorde kann der Abgeordnete bisher verkünden! „Als ich vor 12 Jahren erstmals die Ehre hatte, Mitglied des Parlaments zu werden, war ich mit meinen 26 Jahren der jüngste Abgeordnete. Man muss mindestens 25 Jahre alt bei uns sein, um für das Parlament kandidieren zu dürfen. Mit einem kleinen Plus von damals einmal gerade einem Jahr hatte ich diese biologische Hürde genommen. Mit mittlerweile 12 Jahren Zugehörigkeit zum Parlament bin ich der Dienstälteste Abgeordnete in meiner Fraktion“.
Als Stellvertretender Parteivorsitzender obliegen ihm auch pädagogische Aufgaben innerhalb seiner Partei. In der Parteizentrale in Taschkent schult er den Nachwuchs seiner Partei. Somit sind neue Abgeordnete in Kommunalparlamenten oder im höchsten Parlament des Landes nach den Schulungen zum Beispiel redegewandter, sie wissen, wie man Anträge einbringt und wann es sich lohnt, eine Zwischenfrage zu stellen. Ihm liegt generell die Jugend am Herzen. „Es kann uns doch nicht egal sein, wer uns regiert. Nur wer bereit ist, sich politisch zu engagieren, kann mitreden, kann seine Zukunft mitgestalten“. Daher richtet seine Partei schwerpunktmäßig auch das Augenmerk auf die Kinder und die jungen Leute. Seine Fraktion achtet besonders darauf, dass Kitas, Schulen und Universitäten gut ausgestattet sind. „Dort ist die Zukunft unseres Landes im Einsatz“. Besonders stolz ist er auf die Umsetzung eines Vorschlages aus seinen Parteireihen. „Wir haben gefordert, die Mehrwertsteuer für Bücher deutlich zu senken. Dem Antrag haben andere Parteien zugestimmt und er wurde umgesetzt. Schnell konnte man merken, der Absatz von Büchern ist erfreulicherweise rasant gestiegen. Ebenso sind wir noch in einer anderen Sache an den Büchern dran! Manche Autoren finden keinen Verlag, weil das Verlagshaus nicht vom Erfolg des Werkes überzeugt ist. Hier setzen wir den Hebel an mit einem Druckkostenzuschuss für den Verlag. Das senkt drastisch die Abneigung der Verlagsleitung, ein Buch auf den Markt zu bringen“.
Seine Erfahrung ist: Wenn Kinder und Jugendliche eine sehr gute schulische oder universitäre Ausbildung genossen haben, engagieren sie sich viel stärker in der Parteienlandschaft des Landes. Natürlich ist es Mamadhonov Bakhodir am liebsten, alle diese jungen Leute werden seine Parteifreunde bei der Partei „Milliy Tiklanish“. Er weiß selber, dass es nur Wunschdenken ist! „Wenn sich die Jugend, die Zukunft unseres Landes, auch in anderen demokratischen Parteien außerhalb von „Milliy Tiklanish“ einbringt, ist das ja auch begrüßenswert“.
Der Abgeordnete hat im Pressegespräch auch berichtet, dass er eine eiserne Regel beherzigt seit seinem Einzug ins Parlament! „Einen Tag in der Woche verbringe ich ausschließlich mit meiner Familie, einen Tag in der Woche ausschließlich mit Freunden und Sportkameraden. Ich spiele Fußball in einer Hobbymannschaft und meine Position ist die des Mittelfeldspielers. Als sehr junges Bürschchen habe ich von einer Profikarriere als Fußballer, möglichst beim FC Barcelona, geträumt. Meine fußballerischen Fähigkeiten reichten leider nicht mal für untere Ligen meines Landes aus“.
Unsere Redaktion erlaubt sich einmal, zu betonen, wir haben in Herrn Abgeordneten Bakhodir Mamadkhonov einen Politiker kennengelernt, der ein Kümmerer, speziell für die Jugend des Landes, ist. Als Fußballer muss man seine Karriere mit Mitte 30 aufgeben. Mit 36 Jahren liegt sicherlich noch eine sehr große politische Karriere vor ihm und er darf für Usbekistan noch viel bewegen. Stellvertretender Parteivorsitzender einer Partei mit ca. 770.000 Mitglieder, was 2 Prozent der Einwohnerzahl entspricht, ist er ja schon.
Text/Foto: Volker Neef