Mahide Lein-Ein dreiviertel Jahrhundert
23. November 2024
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Intendant Günter Rüdiger: Vielleicht bringen Bühnen ja mal publikumswirksame Inszenierungen?

Günter Rüdiger (Foto: Frank Pfuhl)

Wie wir bereits berichtet hatten, setzt der Berliner Senat massiv den Rotstift an beim Etat 2025.

Der Berliner Senat unter Führung des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner (CDU) möchte bei den bevorstehenden Sparmaßnahmen ganz stark bei der Kultur kürzen. Kultursenator Joe Chialo (CDU) soll 121 Millionen Euro weniger erhalten. Das entspricht einer Streichung von ca. 11,5 Prozent des vorigen Kulturetats der Bundeshauptstadt.

Wir sprachen darüber mit Günter Rüdiger. Er ist Intendant und Künstlerischer Leiter des Zimmertheaters in Berlin-Steglitz in der Bornstraße.

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Was sagen Sie zu den geplanten Sparmaßnahmen des Senats im Kultursektor?

Günter Rüdiger (Foto: BiWe)

Günter Rüdiger: „Zu den geplanten Sparmaßnahmen des Senats im Sektor Kultur kann ich nur sagen, dass dies uns gar nicht betrifft. Es liegt darin begründet, da die privaten Bühnen wie ZIMMERTHEATER STEGLITZ, THEATER AM FRANKFURTER TOR, SCHEINBAR VARIETÉ, SHOWFENSTER THEATER u. v. a. ohnehin keine finanziellen Unterstützungen bekommen. Wir müssen daher immer darauf bedacht sein, Stücke und Programme zu präsentieren, die das Publikum wirklich interessiert“.

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Was bedeutet das ganz konkret für einen Intendanten, einen Künstlerischen Leiter?

Günter Rüdiger: „Die staatlich geförderten Theater können natürlich mehr Experimente wagen und riskante Stücke und Autoren aufführen, da sie durch die Zuschüsse finanziell abgesicherter sind, falls eine Inszenierung am allgemeinen Geschmack des Publikums vorbeigeht, bzw. keine große Nachfrage besteht und viele Theatersessel leer bleiben. Die nicht subventionierten Bühnen können sich so etwas nicht erlauben und müssen wirtschaftlich denken. Da dies bei vielen großen Häusern oft nicht berücksichtigt wurde, kann ich mir vorstellen, dass dies auch ein Grund des Senats ist, Gelder einzusparen und nicht für Projekte „rauszuschmeißen“, die das mehrheitliche Publikum nicht interessiert. Die Zuschüsse sollen ja nicht gestrichen, sondern „nur“ gekürzt werden. Vielleicht führt das auch wieder dazu, dass sich einige Theater genauer überlegen, was sie den Zuschauern bieten wollen“.

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Wenn andere Intendanten bzw. Intendantinnen Sie um Rat bitten würden: Was raten Sie an?

Günter Rüdiger: „Nicht immer nur ein Rumgejammere! Vielleicht besinnen sich die hochsubventionierten Bühnen ja mal, publikumswirksame Inszenierungen zu bringen, die auch junge Theateranfänger verstehen? Ich höre immer wieder von jungen Leuten, dass sie die Aufführungen der Staatstheater ohne vorherige Hintergrundinformationen nicht nachvollziehen können und deshalb Theater meiden. Sie gehen dann lieber ins Musical, was ich nun wieder ganz fürchterlich und oberflächlich finde. Auch das möchte ich gerne erwähnen: Der „neue“ Kultursenator besucht auch nicht „seine“ Berliner Theater. Zum Kennenlernen sollte er wenigstens einmal alle Bühnen besucht haben. Er kommt wohl eher von der Bildenden Kunst, wie ich hörte“.

STIMME-DER-HAUPTSTADT: Vielen Dank für das Gespräch.

Text: Volker Neef

Foto: BiWi; Frank Pfuhl