Höchstgeschwindigkeit in der Bergmannstraße gilt auch für Radfahrer
Neuer Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg
Seit dem Juli 2021 ist die Bergmannstraße in Berlin-Kreuzberg neugestaltet.
Ziel des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg war ursprünglich, den gesamten Autoverkehr aus dem Bereich zwischen Zossener Straße und Nostitzstrasse zu verbannen. Da es zu viele Anwohnerproteste gab, wurden zwei nebeneinander liegende Radfahrspuren sowie eine Autofahrspur (von Ost nach West) eingerichtet. Sowohl an der Autofahrspur wie an den Radfahrspuren gibt es Hinweisschilder, dass die Höchstgeschwindigkeit auf 10 Kilometer pro Stunde begrenzt ist. Gegen diese Geschwindigkeitsbegrenzung wandte sich ein Radfahrer vor dem Verwaltungsgericht. Als er dort unterlag, ging er vor das Oberverwaltungsgericht. Das hat nun in einem Beschluss vom 23. September 2022 festgestellt, dass die Anordnung einer Höchstgeschwindigkeit von 10 Kilometer pro Stunde in der Bergemannstrasse vorerst Bestand hat. Dabei schloss sich, wie nicht anders zu erwarten, das Oberverwaltungsgericht der Argumentation des Bezirksamts an: Die durch die sukzessive bauliche Umgestaltung der Straße entstandene und verdichtete Gemengelage von Fußgängern, Rad- und Autofahrern rechtfertige die Annahme einer qualifizierten Gefahr. Ausweislich des von Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz in Auftrag gegebenen Berichts „Berliner Begegnungszonen“ mittels Vorher-Nachher-Untersuchungen habe sich nach der Umgestaltung der Fußgängerverkehr um durchschnittlich 18 Prozent erhöht. Die Anzahl der Radfahrer sei um zwei Drittel gestiegen und die Zahl der Personen, die den Zweirichtungsradweg querten, um 167% Prozent. Vor diesem Hintergrund komme es auf die näheren Umstände der Verkehrsunfälle in den Jahren 2018 bis 2020 nicht mehr entscheidend an. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist unanfechtbar.
Wer den Verkehr in der Bergmannstraße beobachtet, wird feststellen, dass sich die Autofahrer an die Höchstgeschwindigkeit halten. Dazu sind sie gezwungen, weil die Straße mit Schwellen belegt ist, die jede höhere Geschwindigkeit für die Stoßdämpfer der Autos gefährlich machen würden. Doch anders bei den Radfahrern. Dort gibt es keine Schwellen. Die Folge ist, dass die weitaus überwiegende Mehrzahl der Radfahrer sich an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbeschränkung nicht hält. Hätte das Bezirksamt auch Schwellen auf den Radfahrspuren eingebaut, würden sich auch Radfahrer sich an die Höchstgeschwindigkeit halten müssen. Doch wie ein Polizist, den der Berichterstatter einmal im Hinblick auf die beständigen Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung durch viele, viele Radfahrer in Berlin befragte, meinte: „Das sind Halbgötter.“ Was der Polizist damit zum Ausdruck bringen wollte: Die Berliner Verkehrsverwaltung instruiert die Polizei, Verstöße von Radfahrern gegen die Straßenverkehrsordnung nicht zu rügen und nicht zu ahnden. So fahren eben viele Radfahrer mit der ihnen möglichen Höchstgeschwindigkeit durch die Bergmannstraße. Gilt in Berlin die Straßenverkehrsordnung? Die Antwort ist, wie beim Radiosender Eriwan: Im Prinzip ja, aber…
Text/Foto: Gernot Volger