Petra Volpe (Foto: © Salvatore Vinci)
Die 75. Berlinale zeigt eine der Nächte, die zum Alptraum werden.
Wurde bereits der eindringliche Film „Home Sweat Home“ an dieser Stelle als Festivalperle der 75. Berlinale erwähnt, der die Problematik überforderter Pflegekräfte thematisiert, muss hier sogleich das ebenso eindringliche Werk „Heldin“ hervorgehoben werden, das den komplexen und überfordernden Alltag der Krankenschwestern in erschütternder Klarheit demonstriert.
Petra Volpe konzentriert ihren Blick auf eine einzige Nachtschicht der jungen engagierten Krankenschwester Floria, die bereits in Unterbesetzung beginnt. Die junge Frau ist hochmotiviert, vital und einfühlsam, aber was in dieser Nacht geschieht, entgleitet ihr mehr und mehr. Dramaturgisch inszeniert wie ein auf eine Nacht beschränkte Kriminalstück, doch destilliert aus Hunderten von Beobachtungsstunden und intensiven Austausch mit Fachkräften, wird hier ein dichtes Panorama all der Situationen offeriert, mit denen Krankenschwestern täglich konfrontiert sind.
Da sind die ängstlichen Patienten, die fragen, ob es sich überhaupt noch lohnt, die schmerzhafte Chemotherapie fortzusetzen. Was soll Floria antworten? Sie hat kein Recht, hier Stellung zu beziehen. Da sind die völlig orientierungslosen, älteren Menschen, die panisch verunsichert nur nach Hause wollen (wenn sie noch eines haben). In der vielleicht berührenden Szene in „Heldin“ gelingt es Flora, die ältere Dame durch ein gemeinsames gesungenes Kinderlied wieder zu beruhigen. Da sich die arroganten und fordernden Erste-Klasse-Patienten, die sekundengenau messen, wie lange es dauert, eine Tasse Tee zu bekommen. Der Zuschauer sieht und versteht die Reaktion der mittlerweile an ihre Nervengrenze getriebenen Flora mit Vergnügen, die seine (teure) Uhr einfach aus dem Fenster wirft. Da sind die rauchenden Alkoholiker, die keine Regeln akzeptieren und da ist der Piepton, der ständig erklingt bei Notrufen aller Art, zu denen sie sogleich eilen muss. Und da sind schließlich auch die Familienmitglieder, die vergeblich auf sie gewartet haben, denn ihre Mutter war die letzte auf der Liste der zu betreuenden Patienten. Doch als Flora endlich zu ihr kommt, ist die Frau bereits gestorben.
Dies sind nur einige der Situationen, die Flora zu bewältigen hat, unglaublich hautnah und überzeugend gespielt von Leonie Benesch. Sie selbst hat jahrelang Erfahrungen in Kirchengemeinden und Alternativschulen gemacht, bevor sie Schauspielerin wurde. Für ihre Rolle bereitete sie sich monatelang im Austausch mit den Fachkräften vor, die sie auf ihren Rundgängen begleitete. Als willensstarke, nicht konventionelle Lehrerin gewann sie 2023 für ihre Darstellung in „Das Lehrerzimmer“ den deutschen Filmpreis und wurde für den europäischen Filmpreis nominiert. Der Film selbst wurde zum Oscar-Kandidat.
Petra Volpe erinnert in eindringlicher Weise an die Missstände und die permanente Überforderung des Krankenhauspersonals. Fehler sind in diesem Kontext unvermeidbar. Wo Menschen am zerbrechlichsten sind, fehlt es an Mitteln für das Nötigste. Die Verwirklichung eines humanitären Weltbildes geht auch hier verloren. Was kann ein Film tun? Er kann daran erinnern und zu einer eindringlichen Erfahrung machen.
Heldin
Petra Volpe (Regie, Buch)
Schweiz, Deutschland / 2025 / 92 min
Text: Dieter Wieczorek
Fotos: © Salvatore Vinci; © Zodiac Pictures 2025