Gerald Walk: Letzte BVV-Sitzung war Zeitverschwendung!
Die Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf hatte sich am 16. März 2023 zur Konstituierung nach der Neuwahl, die am 12. Februar stattgefunden hatte, im Ernst-Reuter-Saal eingefunden.
Wir sprachen über diese Sitzung mit dem Bezirksverordneten Gerald Walk (SPD).
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Welches Fazit ziehen Sie nach der Premiere?
Gerald Walk: „Der eindeutige Wahlsieger CDU wollte ab jetzt alles besser machen als die Vorgänger, also besser als die gerade 15 Monate „regierende“ Zählgemeinschaft aus Rot, Gelb und Grün, also die sogenannte Ampel! Zwar hatte die CDU, die 25 Jahre vorher mit absolutistischer und manchmal auch absoluter Mehrheit regiert, gerne auch mal mit mehr oder weniger dubioser Unterstützung vom politischen, manchmal auch extremen Rand, aber jetzt hatten die Apokalyptischen Ampelreiter in Reinickendorf das Leben und den Verkehr und die Grünanlagen so „gegen die Wand“ gefahren, dass jetzt Reinickendorf gerettet werden musste…. „in bessere Hände“ gegeben werden sollte.
Der CDU-Fahrplan dafür wurde präsentiert. Alles fing harmlos an, es wurde beschlossen, dass die zukünftige Arbeit in Kontinuität – also in kontinuierlicher Fortführung der Arbeit – fortgesetzt werden soll.
Dieser einstimmig gefasste Beschluss war dann auch die einzige relevante Entscheidung, die am 16. März gefasst wurde.
Keine der in der Tagesordnung angekündigten Wahlen oder Abwahlen wurde durchgeführt. Die Zeitverschwendung begann“!
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Das sind aber drastische Worte! Bitte begründen Sie diese nach Ihrer Ansicht, Zeitverschwendung, näher.
Gerald Walk: „Die Wahl der stellvertretenden Vorsteherin wurde verschoben, weil die CDU irgendwie noch Rede- und Informationsbedarf hatte, obwohl die Kandidatin hinreichend bekannt und sicherlich auch unumstritten ist.
Dann kam es ganz kraus: es wurden – bis auf die gesetzlich vorgeschriebenen – alle Ausschüsse der BVV aufgelöst und somit ist die BVV Reinickendorf auf mehrere Monate hinaus nicht arbeitsfähig.
Für diesen sinnlosen Beschluss sammelte der Fraktionsvorsitzende der CDU die Restbestände aus LINKEN und FDP um sich und tat noch etwas AfD dazu und schon hatte er die Mehrheit von 28 Stimmen! Der FDP wurde die Stimmabgabe im Tausch für künftige Bürgerdeputierte abgeluchst…soviel zum Thema „Reinickendorf in gute Hände geben“.
Am Ende sollten dann noch Aufträge an die soeben aufgelösten Ausschüsse gegeben werden. Daran kann man erkennen, welch unüberlegte Beschlusslage am 16.3. fabriziert wurde!
Ich kann da nur zusammenfassend feststellen: unüberlegt, unprofessionell und unpolitisch agiert diese CDU-Fraktion mit ihren Anhängseln in der BVV Reinickendorf. Die LINKE irrlichtert ja schon die letzten Monate an der Seite der CDU, die FDP, einst getreuer Ampelritter, ruft ihren Preis für einen Bürgerdeputierten auf und was mit Teilen der AfD los ist, werden wir sehen. Es wabert das Gerücht des Fraktionswechsels einer Bezirksverordneten durch die Gänge…“
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Sie haben Ihre Kollegen von der CDU mehrfach erwähnt. Was werfen Sie der CDU vor?
Gerald Walk: „Die CDU-Reinickendorf agierte nach ihrem großen Wahlerfolg nicht etwa souverän wie ein 40 Prozent Wahlsieger, nein, sie agierte in der Spitze wie „das Frettchen im Hühnerstall, dass im Blutrausch alles beißt, was nicht schnell genug weg kommt“. Rache scheint die Triebfeder.
Ein Mitglied der CDU-Fraktion rief zudem lautstark und unqualifiziert dazwischen. Wie sich schon seit Jahren zeigte, wird nicht der Konsens mit Demokraten gesucht, solange die Reste irgendwelcher anderer Parteien für eine Einstimmenmehrheit in der BVV ausreichen.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Was raten Sie Ihren BVV- Kolleginnen und Kollegen, die das Mitgliedsbuch der CDU besitzen?
Gerald Walk: „In Anlehnung an den Namensgeber des Ernst-Reuter-Saales, in dem die BVV Reinickendorf zuletzt getagt hat, möchte ich die CDU auffordern „Nicht soviel tricksen, nicht soviel Rache nehmen, nicht soviel pöbeln, mehr machen!“
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Wie soll es Ihrer Meinung nach nun in der BVV weitergehen?
Gerald Walk: „Jetzt stehen wir vor den Trümmern der BVV- Arbeit und müssen sehen, wie und vor allem wann denn die Arbeitsfähigkeit der Bezirksverordnetenversammlung wieder hergestellt werden wird. Es war eine vertane Sitzung und wir werden Monate brauchen, um wieder wirklich arbeitsfähig zu werden.
Die Trümmer der BVV- Arbeit erinnern mich an ein Bild, mit dem die Kandidatin für das Bürgermeisteramt in einer Ortsteilpostille politische Arbeit gemacht hat, indem das Paracelsusbad in Brand gesteckt wurde. Ich erwarte von der CDU, von einer Bürgermeister-Kandidatin und von der Mehrheitsfraktion, konstruktive Arbeit und nicht Destruktion und Zerstörung“.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Sie sind studierter Pädagoge. Was lehrte Sie die erste Sitzung?
Gerald Walk: „Die CDU-Reinickendorf scheint nicht an der Sacharbeit orientiert zu sein. Ob ich als Sozialdemokrat mir vorstellen kann, einer Zusammenarbeit mit dieser CDU auf Landesebene zuzustimmen, wenn sich diese Partei hier im Bezirk derart aufführt, ist für mich noch sehr fraglich. Der Kreisvorsitzende der CDU-Reinickendorf ist ja gleichzeitig einer der Chefverhandler für die CDU auf Landesebene! Wie geht denn das zusammen?“
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Ist es unhöflich, wenn man sagt: Der Gerald Walk hat sehr viel Dampf abgelassen?
Gerald Walk: „Keinesfalls. Ich bin für offene und ehrliche Worte bekannt. Ebenso bin ich für qualifizierte und konstruktive Kritik immer dankbar. Wer mich kontaktieren möchte, kann das gerne unter folgender Email-Anschrift tun: Gerald.Walk(at)SPD-Fraktion-Reinickendorf.de
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Vielen Dank für das Gespräch.
Text: Volker Neef
Fotos: Frank Pfuhl, Volker Neef