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Falko Liecke: Der Bürgermeister für Neukölln!

Falko Liecke Foto: Hannes Rehfeldt

Falko Liecke: Der Bürgermeister für Neukölln!

Seit über 25 Jahren ist Falko Liecke in Neukölln für die Bürgerinnen und Bürger unterwegs. Als er 1995 in die CDU Neukölln eintrat, hätte er sich nicht träumen lassen, dass er inzwischen der Dienstälteste Stadtrat im Bezirk ist. Im Interview sagt er, was Neukölln ausmacht, was geschafft und was noch zu tun ist.

Stimme-Der-Hauptstadt: Herr Liecke, Sie sind seit 2009 Gesundheitsstadtrat und seit 2011 Stadtrat für Jugend und Gesundheit sowie stellvertretender Bezirksbürgermeister. Was reizt Sie an Neukölln?

Falko Liecke: „Ja, hauptamtlich bin ich seit gut 12 Jahren für Neukölln aktiv, habe davor fast 10 Jahre ehrenamtlich als Bezirksverordneter gearbeitet. Neukölln ist für mich eine Herzenssache. Ohne Wenn und Aber. Als der „Spiegel“ 1997 „Endstation Neukölln“ titelte, dachte ich mir, wo bleiben die guten Seiten des Bezirks, wo bleibt das, was klappt und funktioniert? Neukölln ist mehr als die Summe seiner Probleme, sagte einmal Heinz Buschkowsky. Und recht hatte er! Wir können das besser. Viel besser“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Jetzt steigen Sie schon voll ein…

Falko Liecke: (lacht) „Ja klar! Dafür sind wir Neuköllner eben bekannt, gleich auf den Punkt zu kommen, ohne langes Vorgeplänkel… In der Pandemiebekämpfung haben wir gezeigt, dass trotz zu wenig Personal, schlechter Ausstattung mit Handys, Laptops und ewigen Bedenkenträgern die Lage in den Griff zu bekommen ist. Wir sind auf einem guten Weg, was auch vielen hochengagierten Kolleginnen und Kollegen zu verdanken ist. Wenn eines klar ist nach der Pandemie: Die Gesundheitsämter sind ein wichtiger Pfeiler in der Versorgung der Menschen und müssen endlich mit mehr Personal und besserer IT-Technik ausgestattet werden“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Gut, die Pandemie ist aktuell ein alles beherrschendes Thema derzeit. Aber was ist Ihnen darüber hinaus wichtig für Neukölln?

Falko Liecke: „Wir haben viele Probleme in den Kiezen. Die Verwahrlosung der Stadt springt einem förmlich ins Gesicht, wenn ich an den U-Bahnhof Schönleinstraße denke oder die vielen Müllhotspots des Bezirks. Mich nervt das richtig und ich will als Bezirksbürgermeister dafür sorgen, dass das aufhört. Das erfordert aber konsequentes und hartes Vorgehen, eine deutliche Aufstockung des Ordnungsamtes und eine bessere Ausstattung. Ich will den Müllsündern an den Kragen, auch mit unkonventionellen Mitteln. Dazu gehören z.B. verdeckte Ermittlungen, Videosicherheit und zivile Müllstreifen. Und klar ist, wenn wir die Täter haben, dass drastische Bußgelder fällig werden“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Drogenhandel und Drogenkonsum im Bezirk haben Hochkonjunktur. Was wollen Sie tun?

Falko Liecke: „Wir benötigen zuerst ein berlinweites Lagebild. Die Szene ist hochmobil, die U-Bahnlinien 7, 8 und 9 sind die Lebensadern des Drogenhandels und die Konsumenten sind dort, wo die Händler sind. Ich fordere schon seit Langem eine Taskforce „Opium“ bei der Berliner Polizei, um genau hier die Axt anzusetzen. Der Handel muss mit allen Mitteln bekämpft werden, die Justiz muss in der Lage sein, schnell und konsequent zu verurteilen. Dazu gehören auch Aufenthalts beendende Maßnahmen, also die Abschiebung bei Wiederholungstätern. Die Abhängigen bekommen Hilfe und Unterstützung durch mobile Konsumräume, Straßensozialarbeiter und Orte, wo sie sich aufhalten können, um sie aus den U-Bahnhöfen zu bekommen. Wenn Schulkinder morgens an Crack rauchenden Leuten auf dem U-Bahnhof vorbei gehen, ist das ein komplettes Staatsversagen! Mein Credo: Die geballte Faust gegen Dealer, die ausgestreckte Hand für die Süchtigen. Anders werden wir das Problem nicht in den Griff bekommen“.

Stimme-Der-Hauptstadt: Apropos Kriminalität. Was liegt noch an in Neukölln?

Falko Liecke: „Was mit Drogenhandel, Prostitution, Gewalttaten oder Geldwäsche eng verwoben ist, ist die organisierte Kriminalität. Häufig sind die Clans mit krassen und spektakulären Taten dabei. Sei es die Goldmünze aus dem Bodemuseum, der Raub im Grünen Gewölbe von Dresden, Morde auf offener Straße, Überfälle auf Geldtransporter oder das Ausräumen von Sparkassen. Hier ist NULL Toleranz angesagt. Ich habe mir viele Gedanken zum Kampf gegen die kriminellen Clans gemacht (Anm. unserseits: mehr unter www.clansstoppen.berlin). Entscheidend dabei ist, dass wir ihnen die illegal erworbenen Immobilien, die teuren Autos und ja, auch die Rolex abnehmen. Und: ich gehe an den Nachwuchs ran. Ich habe als einziger Bezirk in Berlin eine Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendkriminalität gegründet, die gezielt auf angehende Straftäter einwirkt und in die Familien geht. Wichtig ist dabei, dass wir eng mit den Schulen, der Polizei, der Staatsanwaltschaft und anderen Dienststelle kooperieren, damit wir nicht ausgespielt werden. Und es funktioniert! Seit Beginn unserer Arbeit konnten wir über 40 junge Leute davor bewahren, eine Intensivtäterkarriere einzuschlagen.

Das reicht noch nicht, ist aber ein guter Anfang. Wir hätten noch viele Möglichkeiten, mit dem Jobcenter, dem Liegenschafts-, Ordnungs- Sozial-, Jugend- und Wirtschaftsamt gezielt gegen die Kriminellen vorzugehen, gemeinsam mit der Polizei, dem Finanzamt, Zoll…. Dafür fehlt im Bezirk der politische Wille und ein Plan. Den habe ich in der Tasche und werde ihn nach der Wahl als Bezirksbürgermeister unnachgiebig und sehr konsequent umsetzen!“

Stimme-Der-Hauptstadt: Da ist noch viel zu tun für Sie! Themenwechsel: Kitas, Jugendfreizeit, Familien. Was haben Sie erreicht?

Falko Liecke: „Die Kitakrise in Berlin ist noch nicht vorbei. Die Medien berichten zwar nicht mehr so stark darüber, aber den Familien in Neukölln fehlen noch immer Kitaplätze. Der Bezirk kann das nicht alleine lösen, aber wir können dazu beitragen. 34 Prozent mehr Kitaplätze seit 2010 ist ein starkes Bekenntnis des Bezirks zu seinen Familien. In keinem anderen Bezirk gibt es mehr Anträge auf Fördermittel beim Senat für den Kitaausbau. Bis 2023 werden nochmal fast 600 Plätze dazukommen. Das kann sich schon sehen lassen. Der Kita-Eigenbetrieb Südost, für den ich verantwortlich zeichne, hat in den letzten fünf Jahr weit über 10 Mio. € in Neuköllner Kitas investiert und gut 80 zusätzliche Erzieherinnen und Erzieher eingestellt. Es geht also, wenn wir hart genug für die Menschen arbeiten, trotz aller Widrigkeiten!

Und auch bei den Jugendclubs haben wir ordentlich zugelegt. Das bedeutet vor allem Sanierung wie bei der „Zwicke“ am Zwickauer Damm, aber auch neue Jugendeinrichtungen gibt es, die gerade gebaut werden wie das NW80 im Neudecker Weg 80. Jeder Euro in Neuköllns Jugendclubs ist an der richtigen Stelle. Seit 2017 hat der Bezirk über 31 Millionen Euro investiert. Bis 2031 sind bereits weitere 24 Millionen eingeplant. Damit Kinder und Jugendliche echte Alternativen zur Straße haben. So viel, wie in den letzten fünf Jahren saniert und gebaut wurde bei den Kinder- und Jugendeinrichtungen, gab es in den letzten 20 Jahren nicht!

Stimme-Der-Hauptstadt: Zum Schluss: Gibt es ein Thema, das sich über Ihre gesamte Amtszeit seit 2009 durchzieht?

Falko Liecke: Das ist definitiv die Unterstützung junger Familien. Das Zukunftsthema schlechthin für Neukölln. Und wir haben in Sachen Gesundheit viel aufzuholen. Unsere Kinder sind dabei auf dem richtigen Weg. Seit 2013 ist der Anteil von Kindern mit Sprachdefiziten um 6 Prozentpunkte zurückgegangen. 4 Prozent weniger Kinder haben eine auffällige Hand-Augen-Koordination, fast 87 Prozent besuchen regelmäßig eine Kita und nur noch jeder sechste Erstklässler hat behandlungsbedürftige Zähne. 2013 war es noch jeder vierte.

Solche Entwicklungen brauchen viele Jahre Zeit. Darum ist es gut, dass ich schon so lange dabei bin. Die Neuköllner Präventionsstrategie ist ein großer Erfolg! Vielleicht der größte in meiner gesamten Amtszeit.

Um das Fortzusetzen und klare Kannte zu zeigen gegen Kriminalität, Verwahrlosung und für eine gute soziale Arbeit, braucht es einen starken Bezirksbürgermeister, der Verwaltung kann und eine echte Vision für Neukölln hat. Und dafür stehe ich – mit ganzen Herzen und voller Kraft!

Stimme-Der-Hauptstadt:  Danke Herr Liecke, für Ihre klaren Ansagen. Bei all diesen schwierigen Themen noch eine Abschlussfrage: Gibt es eigentlich ein Privatleben bei diesem Pensum?

Falko Liecke: Natürlich. Aber ich halte weitestgehend meine Familie heraus aus der Öffentlichkeit. Vor einem Jahr ist unser Familienauto abgefackelt worden. Ich werde von Clans bedroht und bekomme Hass-Kommentare ohne Ende in den sozialen Medien. Da ist klar, dass ich im Privaten zurückhaltend bin. Ein Geheimnis kann ich aber lüften: Ich habe einen ganz tollen Hund, mit dem ich viel unterwegs bin. Da schöpfe ich viel Kraft privat und noch mehr neue Ideen für Neukölln!

Stimme-Der-Hauptstadt: Nochmals vielen Dank für das Gespräch.

(Stimme der Hauptstadt Text: Volker Neef/Foto: Hannes Rehfeldt)

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin