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Ein Quentchen Glück- Buchvorstellung

(Foto: Frieling Verlag)

Ein Quentchen Glück- Buchvorstellung

Vom  Autor Jürgen J. Holt stammt das Buch „Ein Quentchen Glück-Trotz allem“. Es ist im November 2022 im Frieling Verlag zu Berlin erschienen.

Der Verfasser macht uns auf 340 Seiten mit seiner Kindheit vertraut. Diese spielt sich kurz nach Kriegsende ab. Konkret begann seine Kindheit 1947 im Oldenburger Land und dauerte bis 1960 an. Gleich am Anfang seines Werkes lässt uns Jürgen J. Holt wissen: „Das Leben kann sein wie eine Flussfähre: Immer geradeaus, geführt an einem Steuerseil. Wem das nicht zusagt, der muss es wagen, sich mit seinem Lebensschiff auf das weite wilde Meer- mit all seinen Stürmen, Gefahren und Unwägbarkeiten-zu begeben, aber immer mit seinem Ziel klar vor Augen“. Leider kann nicht jeder Mensch aus freien Stücken entscheiden, ob er die Reise via am Seil gezogener Fähre oder auf sich allein gestelltes Schiff im Sturm antreten soll. So ist es ganz besonders dem Vater des Autors ergangen. Der wurde zur Wehrmacht eingezogen-unabhängig davon, ob ihm das gefiel oder missfiel. Nicht nur zur Armee musste er gehen, er nahm aktiv am Zweiten Weltkrieg teil. Dort hatte er viel Leid erfahren und schreckliche Dinge mitangesehen. Nach Kriegsende muss die Ehefrau ihren Mann immer wieder antreiben. Der ist aber nicht faul, sondern verarbeitet Jahre nach Kriegsende seine gemachten soldatischen Erlebnisse immer noch. Diese Belastungen wirken sich auf Körper und Geist sehr negativ aus. „Man ahnt das Grauen, das er in den vergangenen sechs Kriegsjahren erlebt haben musste; die vielen schlimmen Dinge, die er gesehen hatte, an denen er vielleicht selbst als Panzersoldat beteiligt gewesen war. Hoffentlich nichts Verbrecherisches! (Lieber Gott, lass meinen Vater kein Mörder sein!)“ S. 17.

Der Vater kann das Militär nicht abschütteln. Es ernährt ihn und die Familie auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Er arbeitet als Fahrer bei der britischen Armee. Er hat auch im Oldenburgischen seine Probleme mit den Einheimischen. Kam er doch einst am Niederrhein zur Welt und spricht ein Plattdeutsch mit niederländischem Einschlag. Im Oldenburger Raum zählt einzig und allein das Oldenburger Platt.

Der kleine Jürgen hört und sieht viel vom Krieg. Glücklicherweise war er dank später Geburt nie Kriegsteilnehmer und musste auch nicht unter Bombenabwürfen leiden.

Stellvertretend für all  das Kriegsleid, dass Jürgen sich anhören und ansehen musste, steht die S. 24. Mutter fährt mit dem Lütten nach Hamburg zu Verwandten. „Viele Tote auch bei den Hamburger Verwandten. Angegilbte Foto-Alben mit schwarzen Trauerflors wurden gezeigt“. 

Trotz allem Nachkriegsleid jammert der Verfasser nicht. Er konnte ja gar nicht entscheiden, wann und wo er geboren wurde. Er nimmt sein Schicksal an. Er kann der Jugend von heute und den mittlerweile Erwachsenen, die vor 50 Jahren oder davor das Licht der Welt erblickt hatten, berichten, wie es einmal zugegangen ist. Was gesundheitsbewusst oder lustig klingt im ersten Augenblick, hat traurigen Hintergrund! So lesen wir auf S. 20 über die Dorfbewohner: „Die Frauen etwas jünger als die Männer, alle schlank. Alle eine gute Figur….Zum Teil harte Gesichter-auch sie hatten einiges erlebt“. Schlanke Leute gab es damals zuhauf, weil es nur wenig „zu Fressen“ gegeben hatte. Bekamen die Kids in den 50er Jahren eine Mandarine zu Weihnachten oder zum Geburtstag, war das ein wunderschönes Fest. Eine Apfelsine (der Name Orange tauchte erst später auf) hatte man sich gefälligst mit seinem Bruder zu teilen. Kiwis, Mangos, Papayas und andere Früchte aus weiter Ferne kannten nur Biologen damals. Ein „Urlaub“ bestand seinerzeit darin, dass man mit dem klapprigen Drahtesel zu einem See gefahren ist. Dort ging man in Unterhose schwimmen, für die Badehose reichte der Verdienst der Eltern nicht. Mit der Brotdose auf dem Gepäckträger und zwei darin eingepackten Broten war das Mittagessen gesichert. Den Durst löschte man mit Quell- oder Leitungswasser. 

Restaurantbesuche waren preislich nicht zu stemmen gewesen. Das Mallorca jemals den Namen „Putzfraueninsel“ erhalten sollte und für jeden Deutschen erschwinglich sein würde, hätte man nach dem Zweiten Weltkrieg für unmöglich gehalten. 

Dem Schriftsteller Jürgen J. Holt gelingt es, mit seinem Buch den jüngeren Mitbürgern ein charmantes Geschichtsbuch zur Hand zu geben. Seinen Zeitgenossen, die die Nachkriegszeit hierzulande miterlebt hatten, werden das damalige Erlebte noch einmal Revue passieren lassen. Ein Sprichwort sagt ja: „Die Zeit heilt alle Wunden“. Mit viel Humor und Anmut lässt uns der Autor tief in seine Kindheit und Jugend blicken. Das geschieht ohne jammern und Vorhaltungen machen. Er hatte ja gleich am Anfang seines Buches betont, es gibt die Überfahrt per Fähre am Seil oder die Überfahrt ohne Tau, dazu im Sturm und Nebel! 

Das Werk vom Autor Jürgen J. Holt „Ein Quentchen Glück-Trotz allem“ ist im Frieling Verlag zu Berlin erschienen. Es kostet im deutschen Buchhandel 15,90 Euro. ISBN 978-3-8280-3704-5.

Text: Volker Neef

Foto: Frieling Verlag

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin