Erleben Sie ein Potpourri von 24 Szenen mit 7 Schauspielern in 40 Rollen aus dem großen Werk des Komikers Karl Valentin an einem Abend. Die Studiobühne Bayreuth nimmt eine Produktion auf, die bereits vor einem Jahr Premiere feierte und gleich wieder vom zweiten Lockdown abrupt unterbrochen wurde. Dieses Programm sollte ursprünglich zum 40-jährigen Bestehen der Studiobühne in 2020 einen Höhepunkt liefern. So kann wenigstens die Energie des Jubiläumsjahres ein wenig in diesen Herbst übertragen werden. Aus der Sicht von Karl Valentin wirft die Produktion ein Bild einer sich stets ändernden Welt auf und zeigt das Ringen der Menschen um das Verstehen und Verarbeiten der Prozesse, die unser Leben stets aufs Neue beeinflussen. Komik wird hier zur Tragik – und anders herum.
Der Regisseur Werner Hildenbrand erweist sich als profunder Kenner und Liebhaber des Werks von Karl Valentin. Allen Rollen verleiht er ihren eigenen Charakter. Im gesamten Süddeutschen Raum gibt es regelmäßig Theaterabende mit Stücken des bayerischen Komikers. Und ständig treten dann Akteure auf die Bühne, die meist kläglich daran Scheitern, Karl Valentin und Liesl Karlstadt nachzueifern. Das ist in dieser Inszenierung zum Glück anders. Hildenbrand transformiert die Figuren ins Fränkische mit lokalen Bezügen. So bekommen sie eine eigene Wirkkraft, ohne dass die lustigen, nachdenklichen und auch skurrilen Szenen an Aussage verlieren. Nein, sie gewinnen durch den Transfer und die Verankerung ins regionale Hier und Jetzt und gleichzeitig in die zwischen Depression und Aufbruch schwankende Nachkriegszeit. Ein schöner Spannungsbogen.
Das Ensemble braucht eine große Spielfreude, damit die vielen Szenen in einem guten Rhythmus den Spannungsbogen aufbauen und halten können. In diesen Zeiten mit Beschränkungen für Theaterproben mit dem behördlich verordneten Abstand zeigt sich die Teamleistung aller Schauspieler und sie seien hier namentlich in der Reihenfolge ihres Auftritts genannt: Birgit Franz, Silvia Guhr, Oliver Hepp, Jürgen Skambraks (auch Musik), Tina Leistner, Sylvia Lauterbach und Johanna Rönsch.
Man nehme eine große Leinwand, bemale sie in der Anmutung einer Zimmerwand und dazu eine Tür ein Fenster und 14 Bilder. Das ist die kurze Beschreibung des Bühnenbilds von Julius Theodor Semmelmann, der schon als Schüler in Bayreuth seine ersten Bühnenbilder gestaltete. Inzwischen ist er nach einem Studium für Bühnen- und Kostümgestaltung ein anerkannter Bühnenbild-Künstler für große Produktionen in deutschsprachigen Raum. Und er ist für vier Produktionen als Gast an den Ort zurückgekommen, wo seine Berufung begann. Diese Reduktion der Gestaltung auf das Einfache ist eine Kunst. Was mit dieser einfachen Ausführung alles möglich ist und immer wieder neue Einblicke und Wirkungen zulässt, ist bemerkenswert.
Weitere Termine unter: https://www.studiobuehne-bayreuth.de/theater/de/spielplan/kalender/
Text: Joachim Skambraks, Stimme der Hauptstadt, Redaktion München / Fotos: Studiobühne Bayreuth, Thomas Eberlein, Jürgen Skambraks