Andreas Otto: Neues zu Hause für „Regenbogen Reinickendorf e.V.“   
15. März 2022
Menschen mit Spuren und ihre Wege durch die Krise. Folge 32: OB Thomas Ebersberger 
15. März 2022
alle anzeigen

Der Ukrainische Botschafter sprach im Abgeordnetenhaus 

Botschafter Dr. Andrej Melnik (li.) und Parlamentspräsident Dennis Buchner (Foto: Volker Neef)

Der Ukrainische Botschafter sprach im Abgeordnetenhaus 

„Wir kämpfen auch für die Berliner, wir kämpfen auch für ihre Heimat.“ So sprach es Dr. Andrij Melnyk, Botschafter der Ukraine in Deutschland, am 10. März in einer bewegenden Ansprache an die Mitglieder des Abgeordnetenhauses Berlin aus. 

Erstmals in der Geschichte des Landtages Berlin sprach ein Botschafter vor einer Plenarsitzung zu den Parlamentariern. 

BOTSCHAFTER IM PARLAMENT (Foto: Volker Neef)

Seit dem 24. Februar „führt Putin einen Vernichtungskrieg gegen die Ukrainer mit allem, was Tod und Verwüstung bringt“. Der Angriffskrieg auf die souveräne Ukraine führt in diesem europäischen Bruderland zu einer humanitären Katastrophe. Die Stadt Mariupol werde belagert, wegen des Ausfalls der Strom- und Wasserversorgung bleibe den Bewohnern nur noch Schnee zum Trinken. Schulen, Kindergärten und Wohnhäuser seien Ziele russischer Angriffe: „Das ist die Hölle auf Erden.“ Das Inferno von Mariupol hat kein Ende. Eindringlich bat der Botschafter um Solidarität mit seinem Land: „Wir bitten Sie, uns zu helfen, diesen Krieg zu beenden.“ Für die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten brauche die Ukraine sofort einen Versorgungskorridor, „eine Berliner Luftbrücke auf dem Landweg“. Damit erinnerte er an die Hilfe der West-Alliierten während der Blockade des Westteils der Stadt durch die Sowjetunion im Jahre 1948/49. Damals, im September 1948, wandte sich Ernst Reuter, der Oberbürgermeister von Berlin, in einer pathetischen Ansprache an „die Völker der Welt“, die er aufforderte, auf diese Stadt – Berlin – zu schauen. Auch Botschafter Melnyks Appell diente dem Ziel, die Blicke auf den in der Ukraine tobenden Krieg zu richten. Heute sei die Ukraine in einer noch viel schlimmeren Situation als damals Westberlin. Selbstverständlich erwartet der Botschafter nicht nur humanitäre Hilfe. „In unserem Land gibt es Hunderttausende Freiwillige, doch wir haben nicht genügend Waffen, um sie auszurüsten. Wir wünschen von Deutschland, uns auch mit Rüstungsmaterial zu unterstützen.“ Die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine müsse gestärkt werden. Die Unternehmer Berlins rief Melnyk zum Russland-Boykott auf: „Wir erwarten Ihren Beitrag zu den Sanktionen gegenüber Russland. Wir appellieren an die Berliner Unternehmer, ihre Geschäftstätigkeit in Russland zumindest vorläufig einzufrieren. Wir erwarten ihren Beitrag zu den Sanktionen gegenüber Russland. Es muss einen Importstopp für russische Rohstoffe geben.“ Der Botschafter erinnert an die Lostrennung der beiden östlichen ukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk sowie die Okkupation der Halbinsel Krim durch Präsident Putin im Jahre 2014. „Die Welt hat damals weggeschaut. Wir hätten Putin damals stoppen müssen. Die Ukraine fragt sich: Warum hat die Weltgemeinschaft damals Putin nicht rechtzeitig stoppen können?“ Die Russlandpolitik Deutschlands sei krachend gescheitert. Durch die Beschwichtigung Putins seit 2014 „hat die politische Klasse kollektiv versagt – nämlich einen großen Krieg mitten in Europa zu verhindern, den schlimmsten seit 1945“. Daher bedürfe es jetzt auch einer Aufarbeitung des damaligen Geschehens, um die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden. „Deutschland darf uns nie wieder durch die russische Brille betrachten. Deutschland muss die Ukraine als eigenständige Kulturnation in Europa anerkennen.“ (Text: Gernot Volger/Foto: Volker Neef)

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin