Der Insulaner– Wussten Sie schon?
Die Bundeshauptstadt Berlin mit ihren 12 Bezirken und fast 100 Ortsteilen bietet den Einheimischen und den Gästen eine reiche und buntgemischte Palette an.
Dazu zählen neben verstorbenen und lebenden prominenten, manchmal auch kuriosen Menschen die zahlreichen Gebäude, Straßen, Plätze, Parks, Denkmäler und Seen.
Wir haben für unsere werten Leser das ein oder andere Interessante aus Berlin herausgegraben bzw. wiederentdeckt und stellen es vor.
Heute führt uns der Besuch in den Bezirk Tempelhof-Schöneberg.
Der Insulaner befindet sich dort, haarscharf gelegen vor der Grenze des Bezirks Steglitz-Zehlendorf. Der Ursprung des Insulaners entstand aus sehr traurigem Grund! Es handelt sich beim Insulaner um einen Trümmerberg. Der fast 80 Meter hohe Schuttberg wurde errichtet mit den Trümmern von Gebäuden, die im schrecklichen Zweiten Weltkrieg zerbombt worden sind. Bei diesen Bombardierungen kamen zahlreiche Menschen sinnlos ums Leben. Eben Opfer des Krieges. Zu diesen Opfern zählen die Bewohner der Gebäude, die dort arbeitenden Menschen, die Flak-Helfer und die von ihnen abgeschossenen Kampfpiloten und die Besatzungsmitglieder der Kampfflugzeuge. In der Zeit von 1946 bis Anfang der 1950er Jahre lagerte man ca. 1,8 Millionen Kubikmeter Trümmerschutt an dieser Stelle ab. Oft unter Hilfe der Trümmerfrauen. Das waren Frauen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aktiv mithalfen, die Trümmer der zerbombten Straßen und Gebäude zu beseitigen. Um die Trümmer schnell aus dem Zentrum von Schöneberg, dem Hauptlieferanten des Trümmerschutts, zu der damaligen Kiestagebaustelle transportieren zu können, baute man sogar eine Schmalspurbahn auf. Nach Beendigung der zahlreichen Transporte und der Aufschüttung der Trümmer bedeckte man diese mit Humus und Lehm. Anschließend erfolgte eine Bepflanzung von Bäumen und Sträuchern. Die Umgebung war damals nicht sehr dicht besiedelt.
Der Insulaner berührt die Sembritzkistraße, den Munsterdamm und den Prellerweg. Der S-Bahnhof Priesterweg liegt in unmittelbarer Nähe des Insulaners. Seit 1951 trägt der aus Kriegstrümmern entstandene Berg offiziell seinen Namen. Namensgeber war der Kabarettist Günter Neumann. Er lebte von 1913 bis 1972. Zusammen mit der Schauspielerin Tatjana Sais, seiner Ehefrau, die von 1910 bis 1981 gelebt hatte, gab er während der Berlin-Blockade die satirische Zeitschrift „Insulaner“ heraus. Daraus entstand das Nachkriegskabarett „Die Insulaner“. Dabei handelte es sich um ein Kabarett, das in keinem festen Kulturhaus und vor Publikum aufgetreten ist. Der Radiosender RIAS brachte in der Zeit von 1948 bis 1964 regelmäßig das Programm der Insulaner heraus.
Nachdem der Berg errichtet worden war, baute man die Wilhelm-Foerster-Sternwarte auf dem Berggipfel auf. Ein Großteleskop und eine Wetterstation befinden sich auf der Plattform der Sternwarte. Sie wurde 1963 eröffnet. Zwei Jahre danach erblickte das „Planetarium am Insulaner“ das Licht der Welt. Das Planetarium und die Sternwarte sind mittlerweile geschützte Baudenkmale. Der Insulaner kann neben der bereits erwähnten Sternwarte und dem Planetarium auch eine Minigolfanlage, eine Rodelbahn und das „Sommerbad Am Insulaner“ als seine Mitbewohner benennen.
Wer heute den ehemaligen Trümmerberg besteigt, wird nicht mehr feststellen, dass der Insulaner seine Geburtsstunde hatte aufgrund der Gebäudetrümmerteile des Zweiten Weltkrieges. Der Besucher findet dort nunmehr eine reichhaltige Vegetation vor.
Ein ehemaliger Trümmerberg, der heute zur Freizeitgestaltung einlädt und den dort tätigen Mitarbeitern bzw. Pächtern im Sommerbad, im Planetarium, in der Sternwarte, der Minigolfanlage und der Rodelbahn Lohn und Verdienst einbringt; eine der zahlreichen Berliner Begebenheiten.
Text: Volker Neef
Foto: Frank Pfuhl