David Jahn – manchmal auch unparteiisch
David Jahn ist ein echter Reinickendorfer, der vor 26 Jahren im Humboldt-Krankenhaus geboren wurde, studiert jetzt Politikwissenschaft und Philosophie für das Lehramt an der Freien Universität.
Seit 2016 vertritt er die FDP-Fraktion in den Ausschüssen Verkehr, Integration und Jugendhilfe in der Reinickendorfer Bezirksverordnetenversammlung und versucht dabei als stellvertretender Fraktionsvorsitzender ein besseres Reinickendorf aktiv mitzugestalten.
David Jahn ist seit 2018 Landesvorsitzender der Jungen Liberalen Berlin.
Eine weitere Herausforderung – schon seit 2007 – am Wochenende auf dem grünen Rasen als Fußballschiedsrichter in der Herren Landesliga.
Stimme der Hauptstadt: Ihre Aussage: „Unser Bezirk wird gut verwaltet, aber er wird schlecht regiert“ – Was muss sich unbedingt ändern, verbessern?
Vieles in Berlin funktioniert nicht: Es gibt keine Termine im Bürgeramt, die Stadt ist hoch überschuldet und wir haben einen akuten Mangel an Lehrkräften. Das sind nur wenige Beispiele. Im Gegensatz zu anderen Bezirken wird Reinickendorf gut verwaltet. Aber es fehlt der politische Anspruch. Wohin möchten wir mit unserem Bezirk? Ich möchte, dass Reinickendorf zum Pilotbezirk in Berlin wird. Wenn der Senat es nicht hinbekommt, gehen wir eben voran und entwickeln Lösungen, die später in ganz Berlin umgesetzt werden. Beispielsweise die Digitalisierung der Verwaltung, damit ich mich auch online ummelden kann. Konkret möchte ich dafür sorgen, dass wir mit einer Bauoffensive bezahlbaren Wohnraum in Reinickendorf schaffen. Durch Mülldetektive beim Ordnungsamt soll der illegalen Müllentsorgung entgegengewirkt werden. Und durch neue Radwege sollen alle Verkehrsteilnehmer sicher unterwegs sein.
Stimme der Hauptstadt: Als angehender Lehrer sehen Sie sicher die Probleme im Bildungssektor noch intensiver, wo muss man sofort an packen?
Die FDP würde sofort die Studienkapazitäten erhöhen. Viele Lehrerinnen und Lehrer verlassen Berlin in andere Bundesländer. In den kommenden Jahren werden viele Lehrkräfte in den Ruhestand gehen. Um den ohnehin schon großen Lehrermangel auszugleichen, wollen wir mehr Lehrpersonal ausbilden. Jedes Jahr lehnen die Berliner Unis aktuell Bewerberinnen und Bewerber ab. Das macht doch keinen Sinn, wenn wir sie eigentlich dringend brauchen. Außerdem muss in die Schulgebäude investiert werden. Es darf nicht sein, dass einem in manchen Schulen wortwörtlich die Decke auf den Kopf fällt. Die Ausstattung unserer Schulen zeigt, wie wichtig der Politik die Bildung ist. Für mich ist klar, dass jeder Schüler und jede Schülerin eine Chance verdient hat. Darum darf es nicht vom Elternhaus abhängen, was ich später im Leben erreichen kann. Junge Menschen haben Träume. Der Schulweg muss zu diesen Träumen führen.
Stimme der Hauptstadt: Für Reinickendorf ist auch der ÖPNV zur Entlastung der Straßen, besonders durch die Pendler, ein wichtiges Thema. Wie kann da schnell „Abhilfe“ erzielt werden?
300.000 Pendlerinnen und Pendler fahren täglich nach Berlin. Der 13. Bezirk Berlins lebt außerhalb der Stadtgrenzen. Bislang lässt der Berliner Senat die Bezirke mit den negativen Auswirkungen dieser Verkehrsmengen allein. Uns als FDP-Fraktion ist es in der BVV gelungen, einen Runden Tisch für den Pendlerverkehr einzurichten. Zum ersten Mal sitzen Bezirk, Senat, die Umlandgemeinden und das Land Brandenburg zusammen und erarbeiten Lösungen. Das ist ein echter Durchbruch, diesen Austausch müssen wir intensivieren. Ich setze mich für einen 10-Minuten-Takt der S-Bahn auch ins Brandenburger Umland ein. Zudem muss Brandenburg endlich in P+R-Flächen investieren.
Stimme der Hauptstadt: Sie leiten am Wochenende in der Landesliga Fußballspiele. Gibt es Gemeinsamkeiten zwischen Politik und Schiedsrichterei?
Seit über zehn Jahren stehe ich inzwischen auf den Fußballplätzen und es macht mir große Freude, auch unter Druck schnell die richtige Entscheidung zu treffen. Um auf dem Platz akzeptiert zu werden, braucht es Durchsetzungsfähigkeit. Die braucht es auch in der Politik. Gleichzeitig ist klar, dass nicht jede Entscheidung bei 90 Minuten Fußball korrekt ist, auch wenn das der eigene Anspruch ist. Auf und neben dem Platz möchte ich mich darum stets weiterentwickeln, um noch besser zu werden. Kritikfähigkeit ist für Schiedsrichter darum unerlässlich. Auch das ist in der Politik nicht verkehrt.
Stimme der Hauptstadt: Sie gehen auch als Fußballfan und Zuschauer zu Spielen. Kann man da die Sichtweise als Schiedsrichter ablegen, oder bleibt teilweise die Schiedsrichtersicht? In diesem Fall immer unparteiisch?
Einmal Schiedsrichter, immer Schiedsrichter. Zum einen beobachtet man andere Schiedsrichter bei Spielen, um zu gucken, was man vielleicht für das eigene Spiel übernehmen kann. Zum anderen erkennt man Situationen vielleicht früher als andere und weiß, warum ein Schiedsrichter wie entscheidet. Das kann man nicht ablegen. Beim Fußball nehme ich also viel weniger Partei als in der Politik.
Stimme der Hauptstadt: Vielen Dank für das Gespräch
(Stimme der Hauptstadt / Text: Gaby Bär / Fotos: Gaby Bär + Olaf Kapell)