David Jahn: Der Masse der Opfer kann man gar nicht genug gedenken
David Jahn gehört der BVV Reinickendorf an. Der FDP-Politiker ist dort Stellvertretender Vorsitzender seiner Fraktion. Wir sprachen mit ihm über die schrecklichen Entbehrungen der Zwangsarbeiter am Eichborndamm in Reinickendorf. Die dort zu Tode geprügelten oder an Unterernährung verstorbenen Menschen hat man nach Kriegsende teilweise in der Schönholzer Heide beigesetzt.
Stimme-Der-Hauptstadt: Sie kamen haargenau 50 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa, also am 8. Mai 1995, zur Welt. Muss man sich, zumindest innerhalb Ihrer Generation, heutzutage Ihrer Meinung nach überhaupt noch mit den Gräueln der Nazis befassen?
David Jahn: „Alle Generationen müssen das! Niemals dürfen diese Grausamkeiten, welche mit keinem Wort beschrieben werden können, in Vergessenheit geraten. Vor wenigen Jahren war ich selbst im Vernichtungslager Auschwitz, um irgendwie das Ausmaß der Vernichtung zu erfassen. Noch heute ist dieser Besuch prägend für mich. Sowohl als politische Person, aber auch als angehender Lehrer, werde ich mich für eine aktive Erinnerungskultur einsetzen“.
Stimme-Der-Hauptstadt: Wie hält der Bezirk Reinickendorf ganz konkret das Erbe an diese zu Tode geprügelten oder verhungerten Menschen aufrecht?
David Jahn: „Im Bezirk gibt es jährliche Gedenkveranstaltungen für die vielen Opfer des Holocausts und des Zweiten Weltkriegs. So wird beispielsweise am 20. Juli anlässlich des gescheiterten Attentats durch Oberst Graf Schenk von Stauffenberg den Widerstandskämpfern gedacht und am 27. Januar anlässlich der Befreiung von Auschwitz allen Opfern des Holocausts. Eine Veranstaltung nur für die Opfer vom Eichborndamm gibt es bislang nicht“.
Stimme-Der-Hauptstadt: Ist all das genug Ihrer Meinung nach? Muss mehr getan werden Seitens des Bezirks? Es gilt ja auch zu bedenken: Die letzten Überlebenden der Todesstätte Eichborndamm sind mindestens 90 Jahre alt.
David Jahn: „Auch in dieser Wahlperiode haben wir regelmäßig über die Erinnerungskultur diskutiert. Ich glaube, dass nie genug getan werden kann. Der Masse der Opfer kann man gar nicht genug gedenken. Trotzdem ist es eine Selbstverständlichkeit, dass wir versuchen müssen, die Geschichte jedes Einzelnen als Erbe weiterzutragen und ihnen damit die Ehre geben, welche die Nazis versuchten, ihnen zu nehmen. Ich würde mir wünschen, dass wir die Erinnerung zukünftig aktiver in unser aller Alltag mit einbeziehen. Nach dem Vorbild Israels schlägt die FDP eine nationale Schweigeminute am 27. Januar vor. Das hielte ich für eine sehr gute Möglichkeit“.
Stimme-Der-Hauptstadt: Danke für das Gespräch.
(Stimme der Hauptstadt Text: Volker Neef/Fotos: Svetlana Reinwarth; Volker Neef)