Bürgermeister Christoph Tesche-Nachgefragt
Der 1962 geborene Diplom-Verwaltungswirt Christoph Tesche (CDU) ist seit 2014 Bürgermeister der Ruhrfestspielstadt Recklinghausen.
Unsere Redaktion war dieses Jahr zu Gast bei den Ruhrfestspielen und wir haben ausführlich darüber berichtet. Sie fanden in diesem Jahr vom 1. Mai bis zum 11. Juni statt.
Der Bürgermeister der knapp 120.000 Einwohnern zählenden Stadt Recklinghausen soll natürlich auch zu Wort kommen.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Welches Fazit zieht, wenn wir es einmal so ausdrücken dürfen, der oberste Recklinghäuser bezüglich der Ruhrfestspiele 2023?
Bürgermeister Christoph Tesche: „Olaf Kröck und sein Team haben mit ihrem ambitionierten Programm offenkundig auch in diesem Jahr wieder den Nerv des Publikums getroffen. Das zeigen nicht nur die hervorragenden Besucherzahlen, sondern insbesondere auch die Reaktionen der Besucherinnen und Besucher. Ich habe zahlreiche Inszenierungen selbst besucht und konnte dabei die Begeisterung des Publikums hautnah erleben.
Die Ruhrfestspiele sind in Recklinghausen ganz klar das kulturelle Aushängeschild. Es ist eines der ältesten, größten und renommiertesten Kulturfestivals Europas, startet stets am 1. Mai eines jeden Jahres mit einem großen, öffentlichen Kulturvolksfest und lockt sechs Wochen lang mit einem vielseitigen Programm die Besucherinnen und Besucher in Scharen an. Das Festival wird jedes Jahr aufs Neue dem Anspruch gerecht, mit Mut Ausgangspunkt für einen breiten gesellschaftlichen Dialog und damit Teil einer lebendigen demokratischen Verständigung zu sein. Die Ruhrfestspiele verwandeln Recklinghausen in eine internationale Kultur- und Theatermetropole.
Besonders macht das Kunst- und Theaterfestival aber auch seine Entstehungsgeschichte, die sich kurz und knapp folgendermaßen zusammenfassen lässt: Kohle für Kunst, Kunst für Kohle. Die Festspiele sind eng mit der Geschichte des Bergbaus verknüpft. Im kalten Winter von 1946/47 halfen die Bergleute der Zeche König Ludwig in Recklinghausen-Suderwich Hamburger Künstlerinnen und Künstlern mit Kohle aus, die sie an der englischen Besatzungsmacht vorbeischleusten und so die Schließung des Hamburger Theaters verhinderten. Die Theaterleute revanchierten sich daraufhin mit einem mehrtägigen „Dankgastspiel“ im folgenden Sommer, das sich zu den uns heute bekannten Ruhrfestspielen entwickelte.
Das Beispiel zeigt, wie tief der Bergbau auch heute noch in unserer Stadtgeschichte verwurzelt ist, obwohl es auf den ersten Blick nicht mehr den Anschein hat. Die Bergleute und die Ruhrfestspiele stehen gleichermaßen für Solidarität, Gemeinschaft und Zusammenhalt. Die Zusammenarbeit zweier, zunächst gänzlich unterschiedlicher Bereiche hat das Fundament gelegt für die Ruhrfestspiele.
Übrigens ist das Ruhrfestspielhaus ein ganz besonderes Gebäude. Ruhrfestspielhaus unlängst im Jahr 2021 vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW) als beeindruckendstes Städtebauprojekt prämiert wurde. Hier schließt sich einmal mehr der Kreis um die Bedeutung der Ruhrfestspiele und der dazugehörigen Spielstätte“.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Die Ruhrfestspiele 2023 sind ja nun Geschichte, die nächsten Ruhrfestspiele beginnen am 1. Mai 2024. Hand aufs Herz: Lohnt sich außerhalb der Ruhrfestspielzeit überhaupt ein Besuch in Ihrer Stadt? Was gibt es da zu erleben, was gibt es da zu sehen?
Bürgermeister Christoph Tesche: „Ein Besuch in der Ruhrfestspielstadt lohnt sich immer. In Recklinghausen ist das ganze Jahr über etwas los. Die Altstadt lockt mit viel Atmosphäre. In kleinen Straßen und Gassen gibt es zahlreiche inhabergeführte Geschäfte, die Kundinnen und Kunden mit individuellem Geschmack anziehen. Hinzu kommt das Palais Vest, ein modernes Shopping-Center mit rund 100 Läden. Auf der Suche nach einem gemütlichen Café oder einem guten Restaurant in der vom Wallring umschlossenen Altstadt, die wir hier die „Gute Stube“ nennen, haben Besucherinnen und Besucher die Qual der Wahl.
Recklinghausen präsentiert sich außerdem mit einem prall gefüllten Veranstaltungskalender: Frühlings- und Herbstfest mit verkaufsoffenen Sonntagen haben ebenso ihren festen Platz im Kalender wie das Gourmetfest „Zu Gast in Recklinghausen“ , das stets über das erste Wochenende im August stattfindet. Mehr als 200.000 Besucherinnen und Besucher zieht außerdem das Event „Recklinghausen leuchtet“ zwei Wochen im Oktober/November an, bei dem die Altstadt dank unzähliger Scheinwerfer in bunten Farben erstrahlt. Die Strahlkraft des Events ist mittlerweile so groß, dass intensive Gespräche mit dem Festival of Lights in Berlin geführt werden, um die Möglichkeiten einer Kooperation auszuloten. Ein Publikumsmagnet ist außerdem der Weihnachtsmarkt, der im Advent für jeden Geschmack etwas bietet.
Die Kunsthalle am Hauptbahnhof ist das Mekka zeitgenössischer Kunst, das Ikonenmuseum ist das größte seiner Art außerhalb des osteuropäischen Raums. Nicht zu vergessen das Institut für Stadtgeschichte mit der RETRO STATION: Hier können Besucher*innen in die Geschichte des Vest Recklinghausen eintauchen. Technik-Geschichte vom Allerfeinsten präsentiert das Museum „Zeitreise Strom“ im Süden der Stadt. Ein echter Publikumsmagnet ist auch das Trainingsbergwerk, das sich unlängst zu einem der größten Erlebnisbergwerke Deutschlands entwickelt hat. Möglich sind dort nicht nur Führungen und eine 800-Meter-lange Grubenfahrt, sondern auch der eigene Hochzeitstermin. Denn: Die Stadt bietet das Trainingsbergwerk als offiziellen Trauort für die standesamtliche Trauung an.
Seit 2017 verleiht die Stadt Recklinghausen im Ruhrfestspielhaus den schrägen Comedypreis „Recklinghäuser Hurz“. Das Format geht auf den genialen Hurz-Sketch zurück, den der gebürtige Recklinghäuser Hape Kerkeling im Juli 1991 in der Sendung „Total normal“ gemeinsam mit seinem kongenialen Partner Achim Hagemann präsentierte und damit Fernsehgeschichte schrieb.
Wer Recklinghausen besucht, sollte eine weitere Attraktion auf keinen Fall verpassen – die Halde Hoheward. Das imposante Landschaftsbauwerk lädt zu Ausflügen mit dem Fahrrad oder zu Fuß ein, oder aber man genießt von ihrem Plateau aus den einzigartigen Blick über das Ruhrgebiet.
Sogar einen Strand hat die Kreisstadt im Angebot. Der Stadthafen in der Südstadt liegt mitten im Sportbootrevier Ruhrgebiet, einer 260 Kilometer langen Verbindung von Rhein und Ruhr mit dem Wesel-Datteln-Kanal, dem Rhein-Herne-Kanal sowie dem Dortmund-Ems-Kanal. Ein Restaurant vor Ort bietet mit Strandbar, gemütlichen Sesseln und Strandkörben echtes „Beach-Feeling“. Am ersten Wochenende im Juni findet dort alljährlich das große Hafenfest mit jeder Menge Livemusik, Flamingobootrennen und einem bunten Rahmenprogramm statt.
Nicht zu vergessen: Das schönste Rathaus in Nordrhein-Westfalen (NRW) steht in Recklinghausen. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW hatte dies in einem besonderen Wettbewerb ausgelobt. Im März 2020 wurde bekannt gegeben, dass Recklinghausen das Rennen gemacht hat. Recklinghausen hatte sich gegen mehr als 70 Städte durchgesetzt.
Das im Jahr 1908 erbaute Rathaus setzte zu Beginn des 20. Jahrhunderts völlig neue städtebauliche Maßstäbe und wurde den materiellen und personellen Kapazitäten seiner Zeit gerecht. Erst im Jahr 2018 wurde das Großprojekt Rathaussanierung in knapp 20 Monaten abgeschlossen. Zusammenfassend ging es dabei um die Substanzerhaltung, die Verbesserung der Energieeffizienz und die Steigerung der Funktionalität des denkmalgeschützten Gebäudes. Zahlreichen Feierlichkeiten auf dem Rathausplatz dient das Bauwerk mit 128 Räumen regelmäßig als beeindruckende Kulisse. Egal, ob Public Viewing, „Zu Gast in RE“ oder „Recklinghausen leuchtet“, eine Vielzahl von Events, die Jahr für Jahr Tausende von Besucherinnen und Besuchern anlocken, profitieren von der einmaligen Atmosphäre auf dem Rathausplatz.
Sie sehen, ein Besuch in Recklinghausen lohnt sich das ganze Jahr über und wir freuen uns über jeden Gast, der den Weg in unsere schöne Stadt findet.
Weitere Informationen erhalten Interessierte außerdem in unserer Tourist Information, Martinistraße 5, oder auf der Homepage www.tourismus-recklinghausen.de„.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Vielen Dank für das Gespräch.
Unser Leserservice: In Recklinghausen befinden sich zwei Bahnhöfe, der Hauptbahnhof und der Bahnhof Recklinghausen-Süd. Diese Bahnhöfe liegen an der Strecke Münster nach Essen. Der Hauptbahnhof bietet auch Direktverbindungen nach Hamburg und Köln an. Die A2 von Hannover nach Oberhausen führt an Recklinghausen vorbei. Flughäfen in unmittelbarer Nähe sind Dortmund, Münster und Düsseldorf.
Text: Volker Neef
Fotos: Stadt Recklinghausen; Svetlana Reinwarth; Volker Neef