„Berufsgesetz für Osteopathie ist lange überfällig!“
Interview mit Prof. Marina Fuhrmann D.O., Vorsitzende des „Verbandes der Osteopathen Deutschland (VOD) e.V.“
Kürzlich haben wir den „Verband der Osteopathen Deutschland (VOD) e.V.“ vorgestellt. Er hat seinen Sitz in Wiesbaden. Die Anerkennung der Osteopathie als eigenständiger Beruf ist eines der wichtigsten Ziele des größten deutschen Berufsverbandes. Über die Gründe informierte die Vorsitzende Prof. Marina Fuhrmann D.O. im Interview mit uns.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Wie ist die Situation der Osteopathinnen und Osteopathinnen derzeit in Deutschland?
Frau Prof. Fuhrmann: „Etwa 10.000 Osteopathinnen und Osteopathinnen geben ca. 10 Millionen Behandlungen im Jahr, bieten rund 15.000 Arbeitsplätze und erwirtschaften rund 1 Milliarde Umsatz jährlich. Rund 15 Millionen Deutsche waren bereits in osteopathischer Behandlung und knapp 100 gesetzliche Krankenkassen bezuschussen Osteopathie. Das sind Zahlen, die aufhorchen lassen. Dennoch ist die Osteopathie nicht gesetzlich geregelt“.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Was heißt das konkret?
Frau Prof. Fuhrmann: „Wer Osteopathie ausübt, muss derzeit entweder Mediziner oder Heilpraktiker sein. Die Heilpraktikerzulassung sichert jedoch keine Qualifikation. Ebenso wenig sind Ausbildung und Ausübung gesetzlich geregelt. Das heißt, es gibt keinen ausreichenden Patienten- und Verbraucherschutz: Das Risiko für Behandlungsfehler ist groß und Patienten und Krankenkassen wissen nicht, welche Leistung sie bezahlen. Auch Bachelor- und Masterabsolventen im Studienfach Osteopathie dürfen derzeit trotz akademischem Abschluss nur mit einer HP-Erlaubnis (ab einem Alter von 25 Jahren) tätig werden“.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Wie lauten Ihre Forderungen an den Gesetzgeber?
Frau Prof. Fuhrmann: „Ein bundeseinheitliches Berufsgesetz ist die Lösung. Einheitliche Ausbildungs- und Prüfungsordnungsstandards für die berufsqualifizierende Prüfung müssten eingeführt und die Berufsbezeichnung Osteopath/Osteopathin legalisiert werden. Für Patienten muss es klar ersichtlich werden, über welche Qualifikation ihr Osteopath verfügt“.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Wie ist der Stand der Dinge?
Frau Prof. Fuhrmann: „Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) der Länder hat in einem Beschluss 2016 und 2019 einstimmig das Bundesministerium für Gesundheit aus Gründen des Patientenschutzes dazu aufgefordert zu prüfen, wie die durch verschiedene Gerichtsurteile entstandene Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Voraussetzungen, Finanzierungs- und Haftungsfragen der osteopathischen Leistungserbringung ausgeräumt werden können. In diesem Zusammenhang sei auch zu prüfen, ob das Berufsbild des Osteopathen einer Reglementierung durch ein eigenes Berufsgesetz bedarf.
Die Corona-Pandemie hat allerdings alle anderen Themen in den Hintergrund gedrängt. Wir führen nach wie vor viele Gespräche mit Vertretern aller demokratischen Parteien und arbeiten darauf hin, dass sich etwas bewegt“.
STIMME-DER-HAUPTSTADT: Vielen Dank für das Gespräch.
Text: Volker Neef
Foto: „Verband der Osteopathen Deutschland (VOD) e.V.“