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Album Berliner Eisenbahnen-Buchbesprechung

(Foto: Verlagshaus VGBahn/GeraMond)

Michael Krolop und Konrad Koschinski sind die Verfasser des Buches „Album Berliner EisenbahnenSpannende 1980er-Jahre“.

Es umfasst 144 Seiten mit ca. 170 Abbildungen und ist im Juni 2024 im Verlagshaus VGBahn/GeraMond erschienen. Gleich im Vorwort weisen die beiden Autoren darauf hin, dass der Schwerpunkt ihres Schaffens die Eisenbahn in Ostberlin und Westberlin in den 80er Jahren ist. Die S-Bahn hat in diesem Werk nur eine Nebenrolle. Man muss ja die Geschichte in diesem Fall auch berücksichtigen. Die DDR, die laut Alliierten Verträgen für die Deutsche Reichsbahn und die gesamte Berliner S-Bahn zuständig war, verkaufte 1984 die wenigen S-Bahnstrecken auf Westberliner Gebiet und einige S-Bahnzüge gegen harte und begehrte Valuta an die BVG.

In der Zeit von 1949 bis zur Wiedervereinigung gab es in Westberlin keine Deutsche Bundesbahn. Am Schalter im Bahnhof Zoologischer Garten in Charlottenburg saßen Mitarbeiter der Deutschen Reichsbahn. In den Westberliner Reisebüros mit Fahrkartenverkauf konnte man nur Fahrkarten erwerben, auf denen DR, also Deutsche Reichsbahn, zu lesen war. Das traf auch für Fahrkarten zu, die vom Bahnhof Zoo beispielsweise in westdeutsche Städte wie Bonn, Hamburg, München führten. In Ostberlin waren bis 1985 sogar noch Dampflokomotiven im Einsatz. Diese Züge waren natürlich auf Westberliner Seite ein sehr beliebtes Fotomotiv. Das bedeutet aber keineswegs, dass die DR nur „Museumsbahnen“ betrieb. Die Verfasser des Buches berichten ausführlich über damals hochmoderne Elektrolokomotiven, die die DR im Einsatz gehabt hatte.

(Foto: Volker Neef)

Zwei Kapitel stechen in dem Werk besonders heraus. Sie sind auch der Historie geschuldet. Im ersten Fall kann gesagt werden: „Not macht erfinderisch“. Da es in Westberlin keine Deutsche Bundesbahn geben durfte nach dem Alliierten Protokoll, hätte die DR den Güterverkehr übernehmen müssen. Das war einigen kommunalen Versorgern und auch Privatunternehmen viel zu risikoreich. Ihren Warentransport in die Hände des Kommunisten und Mauerbauers Walter Ulbricht zu legen kam aus strategischen Gründen nicht in Frage. Also gründete man Privat- bzw. Werksbahnen. Das war nach Alliiertem Protokoll nicht verboten, also war es gestattet. Vor allen Dingen die auf Handels- und Gewerbefreiheit achtenden USA unterstützten solche Pläne. So traf man im US-Sektor Neukölln Kohlenzüge an. Die Werksbahn versorgte das Heizkraftwerk Rudow mit Steinkohle mit 6 Fahrten pro Woche. Im britischen Sektor Spandau betrieb die Siemens AG eine Güterbahn. Sie wurde später sogar elektrifiziert. Von der Siemens AG in der Motardstraße fuhr man bis zum Übergabebahnhof in der Nonnendammallee. Eine Besonderheit gab es im französischen Sektor Reinickendorf. Im Stahlwerk der Thyssen-Bandstahl AG waren zwei Diesellokomotiven im Einsatz. Es waren Produkte aus der Sowjetunion! Die Baureihe der Lokomotiven war TGM238 und man zog ausschließlich dort Güterwaggons. Von den einstigen Borsig-Lokomotivwerken aus befuhren die beiden Loks die Strecke bis zum Güterbahnhof Tegel.

Eine Besonderheit gab es auch im US-Sektor Kreuzberg und war einmalig bis heute in Deutschland. Die „Deutsche Post Berlin“ hatte auf dem Areal in der Luckenwalder Straße eine Rangierlok in Betrieb. Es handelte sich um eine V60 und blieb bis heute die einzige Lokomotive, die in Diensten der Post hierzulande gestanden hat. Man holte mit dieser Diesellok von einigen Haltepunkten Güterwaggons, die mit Paketen gefüllt waren ab bzw. lieferte für Fahrten ins Bundesgebiet, in die DDR und die skandinavischen Länder die mit Paketen gefüllten Waggons zu den Haltepunkten. Dort übernahm die DR diese Fracht. In Ostberlin fuhren auch Werksbahnen, die unabhängig von der DR waren. In Treptow beispielsweise besaß die VEB Transformatorenfabrik eigene Lokomotiven. Sie sorgten von der Wilhelminenhofstraße aus für den Transport zur Übergabestation in Oberschöneweide. (Seiten 80 bis 91)

Jede Besatzungsmacht in Westberlin hatte ihren eigenen Bahnhof. Die Franzosen in Tegel, die Amerikaner in Lichtenrade und die Briten in Charlottenburg. Von diesen Westberliner Stationen aus fuhr man via Marienborn/Helmstedt in Militärdienstzügen ins Bundesgebiet. Die Reise war selbstverständlich nur den Soldaten der betreffenden Armee und ihren Familienangehörigen gestattet. Die UdSSR hatte ihren Militärbahnhof außerhalb Berlins angesiedelt. Er befand sich in Wünsdorf. Das alles ist nachzulesen auf den S. 92 bis 100.

Michael Krolop und Konrad Koschinski lassen mit ihrem Buch „Album Berliner EisenbahnenSpannende 1980er-Jahre“ die Zeit der Eisenbahn in Ost- und Westberlin noch einmal angenehm Revue passieren.

Das Werk aus dem Verlagshaus VGBahn/GeraMond kostet im deutschen Buchhandel 32,99 Euro. ISBN: 9783964535443.

Text: Volker NeefFotos: Verlagshaus VGBahn/GeraMond; Volker Neef

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