Ist es Raubkunst?
Am 21. September lud der mexikanische Botschafter in Deutschland, Herr Francisco Quiroga, zu einer Pressekonferenz in die Botschaft in Berlin-Tiergarten ein. Botschafter aus den lateinamerikanischen Staaten und der Karibik, die in der Gruppe GRULAC zusammengeschlossen sind, nahmen ebenfalls an der Pressekonferenz teil. GRULAC-Präsidentin ist El Salvadors Botschafterin Frau Florencia Eugenia Vilanova de von Oehsen. Man traf u. a. auch den Botschafter Panamas, Herrn Enrique Alberto Thayer Hausz; den Botschafter Kolumbiens, Herrn Hans-Peter Knudsen; die Botschafterin von Costa Rica, Frau Lydia Maria Peralta Cordero sowie die Botschafter aus Peru, Ecuador, Bolivien und Guatemala an. Es kommt ja so gut wie nie vor, dass Diplomaten ihre Contenance verlieren! Bei der Pressekonferenz merkte man vielen Diplomaten an, dass sie „not amused“ waren. Es sei vorweggenommen: Vollkommen zu Recht! In München ist ein Kunstauktionshaus jetzt auf die Idee gekommen, über 320 präkolumbische Artefakte zum Kauf anzubieten. Der Gastgeber der Pressekonferenz, Botschafter Francisco Quiroga, teilte den Medienvertretern mit, rund 70 Stücke befänden sich im Eigentum seines Landes. Nur der Staat Mexiko sei der rechtmäßige Eigentümer. Bei allen zum Verkauf in München angebotenen Kunstgegenständen handelt es sich zum Beispiel um Figuren, Masken sowie Gefäße aus der Zeit vor der Eroberung dieses Kontinents durch die Spanier.
Botschafterin Frau Florencia Eugenia Vilanova de von Oehsen richtete nochmals an das Unternehmen in Bayern die dringende Bitte aus, von der Versteigerung der Kunstgegenstände Abstand zu nehmen. Durch dieses Verhalten verstoße das Auktionshaus gegen das nationale Recht der jeweiligen Länder. Durchaus könne es auch sein, dass der Verkauf eventuell gegen deutsches Recht verstoße, so die Hinweise der zahlreichen Botschafter. Tatenlos wolle man dem Treiben keineswegs zusehen, sagte die GRULA-Präsidentin. Man habe am 21. September eine diplomatische Note an das Auswärtige Amt in Berlin gesendet und es um Hilfe gebeten. Panama möchte die aus seinem Land stammenden Kunstschätze von anerkannten Fachleuten begutachten lassen. Diese Experten könnten dann eindeutig feststellen, um welche Art von Kunstgegenständen es konkret geht. Die Botschafterin Costa Ricas teilte im Pressegespräch mit, aus ihrer Heimat seien bei dem geplanten Verkauf in Bayern 52 herausragende Kunstgegenstände betroffen. Als Medienvertreter mit deutschem Pass kann man die ruhigen Aussagen der Damen und Herren Botschafter nur bewundern. Geisterte doch das nie ausgesprochene Wort „Raubkunst“ durch den Raum der Pressekonferenz. Man stelle sich einmal vor, in Lima oder Bogota oder Panama City käme ein privates Auktionshaus auf den Gedanken, deutsche Kulturgüter, die seit dem Zweiten Weltkrieg verschwunden sind, in alle Himmelsrichtungen an Privatleute zu verscherbeln. Dann wäre hier aber der Aufschrei sehr groß! (Text/Foto: Volker Neef)