Wer Wohnungen sein Eigen nennt und diese vermietet, darf sich heutzutage in Deutschland wie ein König fühlen. Wenn einem dann fast 550.000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich gehören, darf man sich wohl als Kaiser des Immobilienmarktes fühlen.
Ganz bürgerlich erlebten die Gäste des VBKI, dem „Verein Berliner Kaufleute und Industrieller“, am 22. Januar den Referenten Rolf Buch. Dem Diplom-Ingenieur gehören die 550.000 Wohnungen zwar nicht, aber er ist seit 2013 Vorstandsvorsitzender des Immobilienunternehmens Deutsche Annington. Er brachte das Unternehmen an die Börse. Durch Zukäufe wie z. B. der Übernahme der Conwert, Buwog, Gagfah und Viterra erweiterte sich das Immobilienunternehmen. Die „Deutsche Wohnen“ kam mittlerweile auch unter das Firmendach des in Bochum sitzenden Immobilienkonzern mit dem nunmehr arbeitenden Namen VONOVIA. Rolf Buch ist Chef über ca. 12.000 Mitarbeiter. Die VONOVIA erzielte 2023 einen Umsatz von knapp 5 Milliarden Euro. Sie ist das einzige DAX-Unternehmen, das seine Wurzeln im Immobilienbereich hat.
Der Vorstandsvorsitzende machte die Zuhörer des VBKI in Charlottenburg erst einmal mit Zahlen vertraut. „7,5 Prozent aller Beschäftigten in Deutschland arbeiten im Baugewerbe oder der Immobilienbranche“. In dieser Zahl verbergen sich also Maurer, Makler, Hausverwalter u. a. Berufe. Insgesamt sind das 3,5 Millionen Beschäftigte. Rolf Buch betonte, dass der Bau- und Immobiliensektor die deutsche Autoindustrie in den Schatten stellt, was die Zahl der Beschäftigten und der Steuerlast angeht. „Unsere Branche brachte letztes Jahr dem Staat Steuereinnahmen in Höhe von 140 Milliarden Euro ein“. Wenn die deutschen Autohersteller Husten, so sein Resümee, berichten darüber die Medien unverzüglich und die Politik ist auch schnell zur Stelle. Im Immobilienbereich hört man die politischen Verantwortlichen kaum oder sehr selten. Die deutsche Automobilindustrie dagegen hat knapp 800.00 Beschäftigte. Die Politik ignoriere diese Zahlenangaben, so der CEO. „Das muss sich jedoch ändern!“
Allen Beteiligten ist sehr bewusst, es gibt großen Wohnungsmangel. Es ist heute trauriger Alltag: Wer in Großstädten eine bezahlbare Wohnung sucht, der sucht meist vergebens. „Auf 1 Wohnung, die wir ins Netz stellen, gehen nach knapp ein bis zwei Stunden um 800 Bewerbungen ein“. Die Computerprogramme der Makler und Wohnungsvermieter sind so ausgestattet, dass „die alleinerziehende Mutter meistens durchfällt“. In Großstädten sieht es mittlerweile so aus, dass zwei Geringverdiener, sie z. B. Friseuse, er Verkäufer, sich keine gemeinsame Wohnung leisten können. Immer mehr Fälle treten ans Tageslicht, wo man 40 oder mehr Prozent des Verdienstes für seine Wohnung ausgeben muss. Die „Mietpreisbremse löst das Problem nicht!“ Rolf Buch betonte, weder seine in Frankfurt am Main lebende Tochter noch er, der CEO von VONOVIA, bräuchten eine Wohnung mit Mietpreisdeckel. Tochter und Vater könnten sich auch Wohnungen leisten, die nicht gedeckelt wären bei der Miete. Da gehe es oft ungerecht zu. Auch das keine Seltenheit in Deutschland: Ein damals junges Studentenpaar hat eine hochmoderne Sozialwohnung erhalten. Mittlerweile ist er als Oberstaatsanwalt tätig, sie ist Oberstudienrätin. In der gemütlichen Sozialwohnung lebt es sich gut und günstig, arme Mieter sind diese beiden Akademiker aber schon lange nicht mehr. Selbst eine Fehlbelegungsabgabe bewegt solche Mieter nicht zum Auszug. Die Fehlbelegungsabgabe und die Miete in dieser Sozialwohnung sind, zusammengerechnet, immer noch spottbillig im Vergleich zu anderen Wohnungen. Rolf Buch ist im Ruhrgebiet aufgewachsen und da sprechen die Leute bekanntlich Klartext. Der CEO sieht eine ganz große Gefahr, wenn dem Wohnungsmangel nicht entschieden entgegnet wird: „Wohnungsmangel stärkt extreme politische Ränder. Wohnungsmangel ist eine brutale gesellschaftliche Gefahr“. Sollte man sich jetzt nicht um Abhilfe bemühen, werde man unter Umständen bei den Wahlen 2029 einen AfD-Bundeskanzler haben. Eine sehr große Hürde beim Wohnungsbau ist die Bürokratie. Vom Einreichen des Bauantrages bis zum Tag, an dem man den ersten Bagger auf der Baustelle sieht, vergehen manchmal Jahre. Zum Thema Baustopp nach der Sichtung von Trappen oder Feuersalamandern sagte der, wie bereits erwähnt, im Ruhrgebiet großgewordene CEO: „Feuersalamander und andere Tiere kann man in jeder Zoohandlung kaufen“. Aus Höflichkeit machte Rolf Buch keine weiteren Angaben, wie diese niedlichen Amphibien dann verstärkt auf Baustellen auftauchen und unweigerlich zu einem Baustopp führen. Die Tierchen müssen ja geschützt werden. Das bedeutet, alle Feuersalamander einfangen und anderswo aussetzen. Dieser Vorgang kann natürlich mehre Monate Zeitverzögerung für den Bauherrn bedingen.
Klartext auch diese Aussage: „Wir haben in diesem Land kein Erkenntnisproblem, wir haben ein Umsetzungsproblem.“ Er sprach konkret die Politik an mit diesen seinen Worten: „Es muss mal eine Grundsatzentscheidung getroffen werden: Wollen wir Wohnraum oder wollen wir keinen?“ Wer von Enteignung, Mietpreisbremse und Überregulierung nicht lassen könne, den darf das hohe Zinsniveau nicht in Erstaunen versetzen. Hohe Zinsen schlagen sich unweigerlich auf die Baukosten und Mieten nieder. Schon das Reden über die Einführung von Enteignung und Mietpreisbremse verunsichert potentielle Investoren. Der Referent wies darauf hin, dass weder in New York noch in anderen Weltstädten solche Forderungen aus dem Munde von deutschen Politikern gut ankommt. Investoren müssen ihr privates Geld, bzw. das ihnen anvertraute, ja nicht in Deutschland anlegen. Wenn man das Geld der internationalen Kapitalgeber aber hierzulande empfangen möchte, müssen die Rahmenbedingungen optimal sein. Wenn man diese Verunsicherung gegenüber den Investoren und Banken unterbinde, führten Zinssenkungen schnell auch zu Mietsenkungen.
Mit einer Durchschnittsmiete von 7,70 Euro pro Quadratmeter liegt die VONOVIA nicht im Oberbereich der Mietpreise. Überfrachtete Baunormen, Restriktionen aus der Bauordnung, zahlreiche aufgestellte DIN-Normen sorgen für hohe Baukosten. Sein Unternehmen wolle die Baukosten auf 3.500 EUR pro Quadratmeter zurückschrauben. Nur dann lohnt sich das Bauen wieder. Hohe Baukosten verursachen hohe Mieten. Das „Schneller-Bauen-Gesetz“ des Berliner Senats begrüßte er. Man möge einfach den Fachleuten vertrauen und sie walten lassen, so seine Bitte. Immerhin habe die VONOVIA über 100 Jahre Erfahrung. Der Mietspiegel gebe kein genaues Bild ab, er verzerre sogar die Realitäten des Marktes. „Wir haben erhebliche Zweifel an der methodischen Herangehensweise und sehen eine politische Einflussnahme“.
Sein Unternehmen arbeitet überparteilich und wird nach der Bundestagswahl mit jeder demokratisch gewählten Bundesregierung, wer immer sie auch anführen werde, Gespräche führen. Ziel muss es sein, den Wohnungsmangel schnell zu beheben. Rolf Buch sprach sich dafür aus, das Ministerium für Wohnungsbau fortzuführen, aber natürlich mit einem Bundesminister oder Bundesministerin „mit Kompetenzen“.
Die Gäste des VBKI erlebten in Charlottenburg mit Rolf Buch einen Gastredner, dem man anmerkte: Er lebt und liebt den Wohnungsmarkt. Da er in seinem Alter (59) nicht mehr vorhat, Diplomat zu werden, verzichtete er auf Reden der verschnörkelten Art. Seine Klartextaussagen kann man so zusammenfassen: „Bauen, Bauen, Bauen und immer wieder Bauen!“ Dann gehören die aktuellen Brennpunktthemen Wohnungsnot, teure Mieten und der dadurch bedingte Aufwind von extremistischen Parteien endlich der Vergangenheit an.
Text/Foto: Volker Neef