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Herausfordernde Dokumentarfilme des 9. Internationalen Festivals Zeichen der Nacht

Königstadt in Berlin-Prenzlauer Berg (Foto: Volker Neef)

Vor wenigen Tagenerst, nämlich am 15.12., ging das Internationale Festival Zeichen der Nacht zu Ende, das sich zum neunten Mal in Berlin präsentierte.

Bereits aktiv seit 22 Jahren in Paris, aber auch in Bangkok, Lissabon, Urbino (Italien) und Tucumán (Argentinien), kann das Festival schon heute als legendär gelten, da es – gegen alle Widerstände – ein internationales Program auf höchstem Niveau anbietet, ohne über irgendein Budget oder institutionelle Unterstützung zu verfügen. Es präsentiert Filme, die in Cannes, Venedig, Berlin, Rotterdam etc. ihre Premiere feierten, neben anderen, noch unentdeckten Werken gleicher Qualität. Viele dieser ausgewählten Filme waren nun zum ersten Mal in Deutschland zu sehen.

Plakat „Festival Zeichen der Nacht“ (Gestaltung Büro Dieter Wieczorek)

Das Festival gliedert sich in drei Wettbewerbsprogramme, den Kurz- und Dokumentarfilm sowie die Sektion „Cinema in Transgression“. Hier geht es um poetische und assoziative Werke, die komplexer und labyrinthischer angelegt sind als bloss lineare Erzählungen. Daneben bot das Festival zwei Sonderprogramme mit neueren deutschen Kurzfilmen sowie thematischen Programmen, wie etwa den Blick auf das historische und aktuelle Tibet, das auch einen anderen, wesentlich problematischer Blick auf den Dalai Lama wirft. Weitere Themen waren die Zerstörung einer organischen Stadtkultur und Zivilisation durch das Privatfahrzeug, gigantische desaströse Grossbauprojekte und die Sicht der Künstlichen Intelligenz auf unserer Zivilisation und deren mögliche Zukunft.

Hier seien nur die Gewinner der Dokumentar-Sektion erwähnt, gekürt von der internationalen Jury bestehend aus Cornelia Ackers, Ahmet Tas und Steven Yates. Der Hauptpreis ging an „Incident“ von Bill Morrison (USA), der Beobachtungskameras nutzt, um im Detail die Ermordung eines farbigen Passanten in Chicago durch die Polizei zu dokumentieren, die noch am Ort ihren tödlichen Einsatz als Selbstverteidigung darzustellen beginnt, entgegen der Evidenz der Kameras, die der Öffentlichkeit zu dem damaligen Zeitpunkt noch zur Verfügung gestellt werden mussten.

Der Signs Award (Preise der Zeichen) ging an „Save our Souls“ des Franzosen Jean-Baptiste Bonnet, der in einfühlsamer und delikater Weise den Schicksalen der Migranten nachgeht sowie der an die Substanz gehenden Arbeit ihrer Seenotretter auf der „Ocean Viking“ im Mittelmeer. Der Libanesin Reine Razzouk wurde der „Night Award“ (Nachtpreis) zugesprochen, der Filme kürt, die aufwühlen, ohne sich auf einfache Botschaften oder Informationen reduzieren zu lassen. Sie folgt dem Schicksal ihrer Freundin und Kusine Nicole, die bereits als 13jährige mit Heroin in Kontakt kam, eine Frau im Widerstand gegen eine religiöse Kultur, die sie zur Unterdrückung ihrer Ideen und Sexualität zwingen will.

Der Edward Snowden-Award für Filme, die wichtige aber meist verbogene Tatsachen ans Licht bringen, ging an „There Was Nothing Here Before“ des Schweizers palästinensischer Abstammung Yvann Yagchi. Er dokumentiert seine letztlich scheiternde Zusammenarbeit mit seinem israelischen Jugendfreund, der sich für eine Siedlerexistenz entschied. Ihre gemeinsame Idee, die Wirklichkeit beider Seiten ins Bild zu bringen, wird schliesslich seitens des Siedlers aufgekündigt. Doch Yaghi entschliesst sich, genau dieses Scheitern zum Thema seines Trotz-Allem-Werkes zu machen.

Bleibt noch der Jury-Award zu nennen, der an „142 Jahre“ des Griechen Stelios Kouloglou vergeben wurde. Er seziert die kriminelle Justiz und Politik seines Landes, das überlebenslange Haftstrafen für Migranten ausspricht, die nur das Leben ihrer Mitflüchtlinge, darunter Frauen und Kinder, retten wollten.

Harald Siebler (Foto: Volker Neef)

Das „Internationale Festival Zeichnen der Nacht“ hatte dieses Jahr die Möglichkeit, in den nun endlich nach jahrelangen Wasserschäden neu eröffneten „Kino in der Königstadt“ am Prenzelberg seine Filme unter optimalen Bedingungen zu präsentieren, mithilfe einer Projektions-Technologie, die in Berlin einzigartig ist. Ihr Leiter Harald Siebler begann schon vor einem Jahr die Zusammenarbeit mit dem Festival, das ihm nach aufgrund seiner unabhängigen Arbeit eigentlich unter Denkmalschutz gestellt werden sollte.

Alle weiteren Details und Preise unter:


www.zeichendernacht.com

Text: Dieter Wieczorek

Fotos: Gestaltung Büro Dieter Wieczorek; Volker Neef