Günther Beckstein-Ein Franke unter Preußen, in Tegel
In Mittelfranken im Nürnberger Land kam 1943 Dr. Kurt Beckstein zur Welt.
Für Bürger aus Altbayern, also Oberbayern, Niederbayern und Oberpfalz, ist der CSU-Politiker ein „Randbayer“. Seit 1971 bis heute ist Günther Beckstein als Rechtsanwalt tätig. Von 1993 bis 2008 ruhte seine Anwaltszulassung. Das lag an seinen herausragenden Ämtern, die eine gleichzeitige Tätigkeit als Rechtsanwalt nicht gestatteten. Von 1993 bis 2007 war er Staatsminister des Inneren in Bayern und Ministerpräsident des Freistaates von 2007 bis 2008. Er war der erste Ministerpräsident des flächenmäßig größten Bundeslandes mit Bekenntnis zum Evangelischen Glauben.
Am 24. April konnte der Initiator der TEGELER GESPRÄCHE, Dirk Steffel, den ehemaligen Ministerpräsidenten begrüßen. Die Veranstaltung fand beim Reinickendorfer Unternehmen COLLONIL in der Hermsdorfer Straße 70 statt. Werksrundgänge wurden den Gästen auch angeboten vor den Ausführungen des ehemaligen Ministerpräsidenten.
Unter den Gästen traf man u. a. die ehemalige Reinickendorfer Bezirksstadträtin Katrin Schultze-Berndt an. Ebenso traf man den ehemaligen Bezirksstadtrat Thomas Ruschin an. Gäste bei den TEGELER GESPRÄCHE waren auch die ehemaligen Mitglieder des Berliner Abgeordnetenhauses und Reinickendorfer Wahlkreiskandidaten Thorsten Karge und Jürn Jakob Schultze-Berndt.
Es war am 24. April die erste Veranstaltung der TEGELER GESPRÄCHE nach der kürzlich erfolgten Neuaufstellung. Mit dem CSU-Politiker Günther Beckstein betrat ein politisches Schwergewicht die Bühne in Reinickendorf.
In seinen Ausführungen erinnerte er an einen seinen Vorgänger. Der CSU-Politiker Franz Josef Strauß, der von 1978 bis 1988 Ministerpräsident des Freistaates war und zuvor als Bundesminister tätig war, prägte diesen Satz: „Die Bayern sind die letzten Preußen“. Bis heute, so erklärte es Beckstein, werden die guten Tugenden der Preußen wie Fleiß, Bescheidenheit, Disziplin, Höflichkeit, Respekt, Ehrlichkeit und das Einbringen für das Allgemeinwohl hochgehalten im Land der Isar, Donau, Lech und Iller.
Dass es aber auch zahlreiche Neuerungen in Bayern gibt mittlerweile, über die der CSU-Politiker nur staunen kann, teilte er schonungslos mit! Er berichtete von einer kürzlichen Begebenheit in seiner Kanzlei. Er ist dort aus Altersgründen nur noch selten forensisch tätig. Zwei junge Kollegen kamen zum Vorstellungsgespräch. Der führende Anwalt aus der Kanzlei bat Beckstein, sich einfach zurückzuhalten! Auf gut Deutsch oder Bayerisch: Beckstein sollte seinen Schnabel halten! Der CSU-Politiker wollte gerne wissen, auf welchem Rechtsgebiet die jungen Berufsanfänger ihren persönlichen Schwerpunkt sehen. Ebenso hätte er gerne gewusst, welche Kurse die beiden jungen Kollegen an der Universität erfolgreich abgeschlossen haben. Diese Rechtsanwälte begannen das Vorstellungsgespräch aber mit Fragen nach dem Gehalt, der Zahl der Urlaubstage, und der Mitteilung: „Wir kommen aber nur 4 Tage die Woche in die Kanzlei, wollen aber so bezahlt werden, als wären wir fünf Tage die Woche in der Kanzlei“. Der ungläubig zuhörende Rechtsanwalt Dr. Günther Beckstein wurde von seinem Partner sanft darauf hingewiesen: „Heutzutage herrscht Fachkräftemangel. Wir müssen zufrieden sein, überhaupt Nachwuchs eventuell generieren zu können. Daher fragen Sie bitte die Berufsanfänger auch nicht nach den Noten im jeweiligen Staatsexamen. Wie gesagt, seien wir froh, wenn unsere Kanzlei personelle Verstärkung erfährt. Die Beiden könnten ja auch bei anderen Kanzleien problemlos tätig werden“. Der Senioranwalt, der stramm auf 8 Lebensjahrzehnte zugeht, konnte das alles gar nicht so recht glauben. Es hatte sich aber so ereignet in der Kanzlei in Bayern.
Günther Beckstein gab unumwunden zu, er sei sehr dankbar, dass er sich mit 79 Jahren nicht mehr um dieses und jenes intensiv kümmern und aufregen müsse. Es löse sich biologisch, hoffentlich nicht so bald, aber auch nicht erst in 3 Jahrzehnten. Wie erwähnt, im November darf der CSU-Politiker seinen 80. Geburtstag feiern.
Auch auf aktuelle Ereignisse ging der Gast aus dem Freistaat Bayern ein. Die Gäste der TEGELER GESPRÄCHE durften einen Gast erleben, der kein Blatt vor den Mund genommen hatte. Na klar, Dr. Günther Beckstein ist ein Older Statesman. Als aktiver Politiker hätte er sich nie so offen und ehrlich äußern können. Parteidisziplin ist auch kein Fremdwort in der CSU. Günther Beckstein stellte bei Dirk Steffel und seinen Gästen auch unter Beweis: Ehemalige politische Verantwortliche haben auch noch viel mitzuteilen und man kann ihnen problemlos stundenlang zuhören.
Text: Volker Neef
Foto: Frank Pfuhl