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Ich. Alma – musikalisch-szenische Collage im Richard Wagner Museum

Drei Frauen eine Person: Alma Mahler-Werfel, v.l.n.r. Anastasia Timofeeva, Katharina Ruckgraber, Kristine Walther (Foto Joachim Skambraks )

Ich. Alma – musikalisch-szenische Collage im Richard Wagner Museum

Gleich drei Frauen spielen eine Frau: Alma Mahler-Werfel: Für die einen ist sie ein äußerst kulturell gebildetes, doch herrschsüchtiges, geltungsbedürftiges, „fürchterliches Weib“, die die Werke von Richard Wagner abgrundtief liebt. Für die anderen ist sie das „schönste Mädchen Wiens“ und eine unterschätzte Künstlerin, der das Komponieren von ihrem Verlobten und späteren Ehemann Gustav Mahler untersagt worden sei. 

Und es macht Sinn und bereichert den Abend, dass drei Künstlerinnen diese eine Frau und ihre unterschiedlichen Facetten darstellen. 

Da ist zum ersten Kristine Walther, die ihre Schauspielausbildung mit Diplom am Max Reinhardt Seminar in Wien abschloss und seitdem an vielen Bühnen und in Projekten zu Gast ist. Sie rezitiert stimmgewaltig aus den Tagebuchaufzeichnungen und gibt so Einblick in die Gefühls- und Gedankenwelt der jungen Wienerin.

Den Abend beginnt die mit vielen Preisen dekorierte Pianistin Anastasia Timofeeva mit einer Interpretation des Vorspiels von „Tristan und Isolde“. Ihr Solospiel und die Begleitung der Gesangseinlagen zeigen ihr Können und Einfühlungsvermögen. Besonders stark wirkt eine von ihr selber bearbeitete Fassung der Quvertüre von Parsifal. Hier spürt man auch die energietische Resonanz des Konzertflügels, an dem schon Richard Wagner selber spielte. 

Alma war auch Komponistin und dichtete Lieder. So rundet das Trio der Künstlerinnen Katharina Ruckgraber ab. Von Wien über Bamberg, Karlsruhe, Freiburg, München und London kennt man sie aus Rollen wie „Pamina“ (Zauberflöte), „Susanna“ (Nozze di Figaro), „Ännchen“ (Freischütz) oder „Adele“ (Fledermaus). Ihr klarer Sopran bezaubert einfach und auch schauspielerisch trägt sie ihren Part bei. 

Ich, Alma: Gesang und Rezitation (Foto Joachim Skambraks)

Die Texte der Tagebücher erzählen neben der Verehrung einzelner Herren der Wiener Gesellschaft viel von ihrer Verehrung der Musik Richard Wagners. Besonders schön erleben die Zuschauer die Schilderung Ihres Besuchs in Bayreuth mit dem Besuch von Haus Wahnfried, Wagners Grab und dem Pilgern zum Grünen Hügel. Schließlich sitzen alle Besucher exakt am beschrieben Ort und werden zum Teil der Inszenierung: 

„Um drei Uhr wurde hinaufgepilgert. Musterte 1 Stunde lang die Leute. Gegen 4 Uhr traten 4 Fanfarenbläser heraus und bliesen das Gralsmotiv. Der 1. Ton. Die Kälte kommt einem in den Rücken – und sofort eine Erregung nach der anderen, ein Gefühlstaumel nach dem anderen. Diese großartige Macht und Leidenschaft, diese echte Poesie. (…) Ein Himmel tat sich vor mir auf.“ Wer diese emotionalen Momente selber einmal erlebt hat, weiß wovon sie schreibt.

Ein Frage wird immer wieder aufgeworfen: Warum hat eine Frau noch nie etwas auf dem Gebiet der Musik geleistet?

Hier wird es fast schon grotesk, wenn die veralteten Texte von Otto Weininger zitiert werden, die pseudowissenschaftlich zu erklären versuchen, warum Frauen sowohl in der Musik als auch im Rest des Lebens den Männern unterlegen sein müssen. Hier ein Beispiel: „Die absolute Bedeutungslosigkeit der Frauen in der Musikgeschichte beweist zunächst den Mangel an Phantasie. (…) Die gänzliche Abwesenheit aller Beziehungen zur Welt, die wir sehen, tasten, riechen können, macht die Musik nicht besonders geeignet für Äußerungen weiblichen Wesens.“ 

Katharina Ruckgraber liest Otto Weininger vor dem historischen Flügel Richard Wagners (Foto Joachim Skambraks) 

Aus einem sehr großen Materialangebot hat die Regisseurin und Dramaturgin Dorothea Kirschbaum eine szenisch-musikalische Collage mit Texten und Liedern geschaffen, die Einblicke in Gedanken, Nöte und Wünsche einer jungen, begabten Frau in Wien um 1900 ermöglichen. Schön hat sie auch die Übergänge zwischen und mit den Künstlerinnen gestaltet. Besonders die gut getakteten Blicke sprechen für sich.

Der Direktor des Richard Wagner Museums Dr. Sven Friedrich zeigte sich äußerst zufrieden über die zweite gelungene Zusammenarbeit mit der Studiobühne Bayreuth und kündigte weitere Projekte an.

Text und Fotos: Joachim Skambraks, Stimme der Hauptstadt, Chefredaktion München und Bayern

Frank Pfuhl
Frank Pfuhl
SDHB Redaktion Berlin