Berlinale ohne ROTEN TEPPICH
Gespräch mit Frank Michael Jork
Die Berlinale 2021 ist im März für das Fachpublikum geöffnet worden. Die Medienvertreter konnten Anfang März die Berlinale via Stream erleben. Ein Besuch in den Kinosälen, Pressekonferenzen im Hotel Hyatt am Potsdamer Platz und der dortige ROTE TEPPICH am Berlinale-Palast sind Pandemiebedingt in diesem Jahr vorerst unmöglich gewesen. Nicht nur Medienvertreter, Autogrammjäger und Cineasten vermissen die leibhaftige Berlinale. Die Schauspieler, Kameraleute, Tontechniker, Regisseure, Drehbuchautoren und alle anderen zum Film gehörenden Berufsgruppen vermissen die reale Berlinale auch. Die Allgemeine-Berliner-Zeitung sprach darüber mit einem Schauspieler. Der Berliner Schauspieler Frank Michael Jork, Jahrgang 1959, hat beruflich zunächst einen Umweg über einen „bürgerlichen“ Beruf gemacht mit einer kaufmännischen Ausbildung. Schon in der Schulzeit hegte er den Wunsch, später einmal darstellerisch tätig zu werden. Als Quereinsteiger mit Hilfe von Schauspielkursen und Sprecherschulungen hat er nun seit einigen Jahren Fuß gefasst und lebt voller Leidenschaft für diesen Beruf zwischen Kamera, Bühne und Synchronstudio.
Aber damit ist sein Drang nach Kreativität nicht gestillt. Vor seinem Einstieg in die Schauspielkunst begann er, ebenfalls ein lang gehegter Wunsch, Romane zu schreiben. Dabei handelt es sich in der Hauptsache um leichte, aber niveauvolle Unterhaltungsliteratur unterschiedlicher Genres. Man findet unter seinen Werken Titel wie „Komm ein bisschen mit nach Italien“, einer heiteren Urlaubskomödie im Stil der 50er Jahre, oder „Dreimal blühen die Rosen“ und „Schicksalsnacht im Habichtswald“, einer Reminiszenz an die Heimatfilme. Sein letztes Werk schließlich führt den Leser in die Welt des kaiserlichen Berlins um 1900. „Kurt Krügers Erben“ lässt das alte Berlin zwischen Hinterhöfen und Prachtboulevards wiederaufleben und die Protagonisten stammen aus allen Schichten der Bevölkerung. (Anmerkung: Derzeit nur bei Amazon erhältlich). Die Romane sind über den online-Handel (Thalia, buch24, Amazon) erhältlich, teils nur als E-Book, teils auch in klassischer Buchform.
Allgemeine-Berliner-Zeitung: Lieber Herr Jork, blutet Ihr Schauspielerherz, denn die Berlinale ist jetzt erst einmal digital? Wie fühlt sich da ein Schauspieler?
Frank Michael Jork: „Eine „digitale“ Berlinale ist ein bedrückendes Gefühl. Anders als beim Fernsehen lebt ja das Medium Film viel mehr davon, dass die Zuschauer in die Kinos gehen und die Handlung auf der großen Leinwand miterleben, in sie im übertragenen Sinne hineintauchen können. Und schließlich gehört die Berlinale seit mehr als 70 Jahren zu den drei bedeutendsten Filmfestivals Europas, wenn nicht der Welt. Neben Venedig und Cannes ist hier ein wichtiger Treffpunkt zwischen Zuschauern und Filmschaffenden, Schauspielern und Regisseuren. Das alles fällt den Maßnahmen zur Pandemiebegrenzung zum Opfer.
Und nicht zuletzt verbindet mich als Berliner Schauspieler mit der Berlinale die Tatsache, dass ich im Jahre 2000 hier zum allerersten Mal auf einer Leinwand zu sehen war in dem Film „Verdammt in alle Ewigkeit“ von Lothar Lambert, dessen Filme über Jahrzehnte außer Konkurrenz gezeigt wurden. Ich hatte zwar nur eine stumme Rolle als Nachtclubbesucher, aber Lothar Lambert hat mein Gesicht so interessant gefunden, dass er mir eine Großaufnahme schenkte; ohne, dass ich es vorher wusste. Dies und die Tatsache, dass ich in seinem nächsten Film „Qualverwandt“ sogar eine kleine Nebenrolle bekam, hat meine alten Träume wiedererweckt und ließ mich zum Quereinsteiger werden. Ein Schritt, den ich nie bereut habe.“
Allgemeine-Berliner-Zeitung: Sie gehen ja auch privat ins Kino, was sagt der Kinobesucher zu dieser Situation: Kinos geschlossen, jetzt eine Berlinale ohne Publikum?
Frank Michael Jork: „Als Privatmensch, der schon seit seinen Jugendjahren sehr oft ins Kino ging, gerne erwähne ich, wir hatten bei uns um die Ecke am Hindenburgdamm in Lichterfelde noch so ein typisches kleines Kino in einem Mietshaus, manchmal mehrmals die Woche, und später als junger Erwachsener ebenfalls regelmäßig an jedem Wochenende, vermisse ich in der aktuellen Situation das Kino sehr.
Auch in unserer Zeit gibt es immer noch Filme, die die Kraft der großen Leinwand brauchen, um ihre volle Wirkung zu entfalten. Das war schon immer so. Ob wir dabei an „Ben Hur“ von 1959 denken, an „Titanic“ von 1997 oder an aktuelle Produktionen. Ich selber merke ja den Unterschied auch, ob ich mich in einem Film in Überlebensgröße sehe oder auf dem kleinen Bildschirm. Die Wirkung ist nicht die gleiche.
Und die fehlende Gelegenheit, auf einem der führenden Filmfestivals der Welt wie der Berlinale, auch Produktionen abseits der üblichen Inhalte zu sehen, macht nicht nur mich traurig. Denken Sie nur an die Kinoenthusiasten, die sonst jedes Mal schon viele Stunden vor Eröffnung der Vorverkaufskassen mit Thermoskanne, Proviant und Schlafsack die ganze Nacht im Foyer ausharren.
Aber ich bin Optimist und hoffe auf das nächste Jahr, für mich und meine Kollegen als Schauspieler und für alle Zuschauer, für die wir schließlich da sein wollen.“
Allgemeine-Berliner-Zeitung: Vielen Dank für das Gespräch.
(Text: Frank Pfuhl/Fotos: Michael Königs; Martina Kohn; Terry Oldschool)